Die Partnerwahl ist etwas Persönliches, ein individueller Prozess, bei dem wir uns nicht von anderen Menschen beeinflussen lassen. Weit gefehlt! Deutsche und US-amerikanische Wissenschaftler fanden nun in einer Studie Anzeichen dafür, dass es bei der Einschätzung der Attraktivität einer potentiellen Partnerin oder eines potentiellen Partners sehr wohl darauf ankommt, wie diese Person auf völlig Fremde wirkt.
Damit widersprechen die Forscher dem Irrglauben, nach dem allenfalls der eigene Freundeskreis die Partnerwahl beeinflusst. Denn selbstverständlich gibt es den meisten Menschen zu denken, wenn sich die beste Freundin oder der beste Freund kritisch zur frisch gebackenen besseren Hälfte äußert. Nun zeigt sich, dass ein bereits von Tieren bekanntes Verhalten auch auf die menschliche Balz zutreffen könnte. Tiere nämlich achten bei ihrer Paarungsvorbereitung auch darauf, welche Vorlieben Artgenossen in Bezug auf das andere Geschlecht haben. Das nennt man in der Fachwelt „Mate choice copying", also das Nachahmen des Geschmacks anderer bei der eigenen Partnerwahl.
In der nun vorliegenden Untersuchung wurden 40 Männer und Frauen beobachtet. Zunächst legten ihnen die Wissenschaftler ein Foto eines Vertreters des jeweils anderen Geschlechts vor. Dieses sollten die Probanden danach bewerten, wie interessant der oder die Gezeigte für die eigene Partnerwahl wäre. Anschließend sahen die Testteilnehmer die Videoaufnahme einer Speed-Dating-Veranstaltung. Hierin erhielten die Probanden einen Eindruck von der Wirkung der jeweiligen Person auf andere. Die Ergebnisse von Männern und Frauen unterschieden sich.
Das Interesse der männlichen Studienteilnehmer an einer Frau verstärkte sich, wenn sich der andere Mann in der Videoaufnahme auch für die Frau begeisterte. Dies galt allerdings nur dann, wenn der Mann bei der Speed-Dating-Veranstaltung nach der eigenen Einschätzung mindestens ebenso attraktiv war, wie der Proband selbst. Dies lässt auf eine große Bedeutung der so genannten relativen Attraktivität auf das Verhalten von Männern schließen. Hiernach lassen sich Männer nur dann von Artgenossen beeinflussen, die nach eigenem Empfinden zumindest ebenso attraktiv sind wie sie selbst.
Bei den Frauen hatte die Attraktivität der Frau im Video keine Auswirkung. Der Einfluss, den das Interesse der „Konkurrentin" an dem zuvor gezeigten Mann auf die Begeisterung der weiblichen Testteilnehmer hatte, war allerdings noch deutlicher.
Die Psychologen, die die Untersuchung durchführten, halten den Einfluss fremder Menschen auf unser Verhalten für entscheidend - nicht nur bei der Partnerwahl. Auch wenn man sich einrede, dass es einem egal sei, was Fremde von einem selbst denken: Wer auf eine Party gehe, auf der er niemanden kenne, achte man dennoch - bewusst oder unbewusst - darauf, wie man auf das soziale Umfeld wirke. Ein vollständiges Ausblenden fremder Menschen bei Entscheidungen und dem eigenen Verhalten, so die Forscher, sei praktisch nicht möglich.
Letzte Aktualisierung am 28.06.2010.