Diabetes Typ 2 ist mittlerweile zu einer Volkskrankheit geworden: Allein in Deutschland sind 6 Millionen Menschen betroffen. Die Stoffwechselstörung hat vielfältige Auswirkungen auf den gesamten Organismus, unter anderem verändert sich das Gehirn, wie eine aktuelle US-Studie bestätigt.
Das Hormon Insulin wird nach jeder Nahrungsaufnahme ausgeschüttet, um den Blutzuckerspiegel zu regulieren. Bei Typ-2-Diabetes spricht der Organismus nicht mehr ausreichend auf Insulin an. Die Folge: Blutzucker, aber auch Blutfettwerte bleiben konstant hoch, der Blutdruck steigt. Bislang nahm man an, dass dabei Gefäße verschlacken und sich verengen, und die dadurch gestörte Gehirndurchblutung das Risiko für Schlaganfall und Demenz steigen lässt. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) warnt vor dauerhaften kognitiven Leistungseinschränkungen, wenn Blutzucker und Blutdruck über längere Zeit außer Kontrolle geraten. Neben einer Erhöhung der Insulinzufuhr versucht man, diesen Erkrankungen durch radikale Ernährungsumstellung und mehr Bewegung beizukommen.
An der Perelman School of Medicine in Philadelphia, USA, führte man unlängst eine repräsentative Studie an über 600 Patienten durch. Dabei suchte man nach Zusammenhängen zwischen der Dauer der Erkrankung, der Höhe des Blutzuckerwertes und der Größe des Gehirns. Die graue Gehirnsubstanz, in der sich die Nervenzellen befinden, schrumpfte, je länger unbehandelte Diabetes vorlag. Im Durchschnitt etwa 1 Prozent Gehirnmasse verlieren Diabetiker im Verlauf von 10 Jahren, dies entspricht einer beschleunigten Gehirnalterung um 2 Jahre.
Bereits in den Eingangsuntersuchungen schienen Patienten umso bessere Voraussetzungen zu haben, je niedriger ihr Blutzuckerwert war: Ihre graue Gehirnsubstanz hatte im Durchschnitt um über 2,5 Kubikzentimeter mehr Volumen als bei stärker betroffenen Patienten.
Im Jahr 2009 hatte man an der Fakultät für Biomedizinische Wissenschaften der Universität von Colorado die Ursachen für Demenz und Alzheimer erforscht. Der Organismus scheint dabei unfähig zu sein, Insulin und insulin-ähnliche Wachstumsfaktoren vom Blut ins Gehirn zu leiten. Ein Patient mit Alzheimer oder Diabetes hat typischerweise einen hohen Insulinspiegel im Blut, während im Gehirn ein auffälliger Mangel an insulinähnlichen Proteinen herrscht, weil in beiden Fällen offenbar de Blut-Gehirn-Schranke unüberwindlich bleibt. Doch Insulin und verwandte Substanzen erhalten die Nervenzellen am Leben, regenerieren sie und fördern den Aufbau von Synapsen, von Verbindungen zwischen Nervenzellen, unabdingbar für die Erhaltung der kognitiven Fähigkeiten.
Auffällig ist, dass 80 Prozent aller Alzheimer-Patienten und viele Demenzkranke eine Krankengeschichte vorzuweisen haben, in der Diabetes oder eine Vorstufe davon eine wichtige Rolle spielen.
In den 1980iger Jahren hatte einer der Beteiligten an der Colorado-Studie von 2009 entdeckt, dass die Versorgung mit insulinähnlichen Nervenwachstums-Proteinen die bei Diabetes typischen Nervenschädigungen verhindern hilft. Unter Umständen könnte ein Schrumpfen des Gehirnvolumens und ein Absterben von Gehirnzellen aufgehalten werden, sofern man die beiden Proteine wieder auf einen „normalen“ Stand bringt und ihre Aufnahme direkt ins Hirngewebe ermöglicht.
Eine rechtzeitige Umstellung der Lebensweise bei Diabetes umfasst unter anderem auch die Kontrolle von Blutdruck und Blutfettwerten. Ob ein chronischer Unterzucker, ein Mangeln an Insulin und insulinähnlichen Proteinen im Gehirn oder die Gefäß-Verschlackung zum Absterben von Gehirnsubstanz führen, bedarf künftig noch genauerer Untersuchungen. Weitere Hilfestellung erhalten Sie auf der Seite zuckerkrank.de.
aktualisiert am 13.09.2014