Schulterschmerzen können durch Verletzungen der Muskulatur, der Schultergelenke oder auch der Nerven bedingt sein. Die Schmerzen und Bewegungseinschränkungen können je nach Ort und Art der Verletzung sehr unterschiedlich sein und reichen von leichten Einschränkungen bis hin zur völligen Schultersteife.
Die Schulter ist sehr komplex aufgebaut und ermöglicht dem Menschen - im Gegensatz zu den meisten anderen Säugetieren - eine Bewegungsfreiheit der Arme in alle Richtungen. Der „Grundbaustein" der Schulter ist das Schultergelenk, das durch den Kopf des Oberarmknochens und der Gelenkpfanne am Schulterblatt gebildet wird. Dieses Gelenk wird durch eine Kapsel, einen festen Bandapparat sowie vier Muskeln, die so genannte Rotatorenmanschette, stabilisiert. Sie umschließen das Schultergelenk mit ihren Sehnen, die durch einen Schleimbeutel (Bursa subacromialis) vor Reibung am darüber liegenden Knochen (Acromion) geschützt sind.
Die Position der Schulter bestimmt außerdem das Schlüsselbein (Clavicula), das über zwei Gelenke einerseits mit dem Brustbein (Sternoclaviculargelenk) und andererseits mit dem Schulterblatt (Acromioclaviculargelenk, AC-Gelenk) verbunden ist.
Für die Bewegungen der Schulter sind zusätzlich einige größere Muskeln wichtig, die mit ihren Sehnen an Brustkorb und Oberarm ansetzen. Die Muskeln werden von Nerven gesteuert, die an der Halswirbelsäule aus dem Rückenmark austreten. Auch die Haut im Bereich der Schulter wird von diesen Nerven versorgt.
Die häufigsten Ursachen für Beschwerden in der Schulter sind Verletzungen beim Sport oder durch Unfälle und Abnutzungserscheinungen, die sich im Laufe des Lebens entwickeln.
Das so genannte Impingementsyndrom, also eine Einengung des Schultergelenks oder das Zusammenstoßen einzelner Partien der Schulter entsteht durch eine falsche Position des Oberarms im Schultergelenk. Dies ist meist durch ein Ungleichgewicht in der Kraft der einzelnen Muskeln bedingt: Die großen äußeren Muskeln ziehen den Oberarm nach oben, während die kleinen Muskeln der Rotatorenmanschette nicht kräftig genug sind, um den Oberarm gegen diesen Zug unten zu halten. So wird der Oberarmkopf zu weit nach oben gezogen, sodass bei Bewegungen des Arms besonders über Kopfhöhe die Sehnen und der Schleimbeutel zwischen Oberarmkopf und Schulterdach eingeklemmt werden.
Eine solche Einengung kann über einen längeren Zeitraum schmerzlos bleiben. Allerdings werden durch das ständige Reiben zwischen den Knochen die Sehnen verletzt, wobei sie teilweise oder vollständig reißen können. Auch ein Riss der Sehnen kann unter Umständen zunächst kaum oder nur kurzfristig über einige Tage Schmerzen verursachen, sodass die Betroffenen dies erst nicht wirklich wahrnehmen. Im Laufe der Zeit entwickeln sich aber durch den ständigen Verschleiß eine Verschlechterung der Schulterbeweglichkeit mit Schmerzen und dem Funktionsverlust der verletzten Muskeln.
Besonders häufig findet man das Impingementsyndrom bei Personen mit Berufen, bei denen sie in Kopfhöhe oder darüber arbeiten, zum Bespiel bei Malern.
Die vier Muskeln, die die Rotatorenmanschette bilden, sind im Vergleich zu den anderen Schultermuskeln sehr klein. Sie haben alle ihren Ursprung am Schulterblatt und setzen mit ihren Sehnen an verschiedenen Stellen des Oberarmkopfes an. Ihre Funktion ist es, den Oberarm im Schultergelenk nach innen und nach außen zu drehen. Sind Muskeln der Rotatorenmanschette durch einen Unfall oder Verschleiß verletzt worden, sind bestimmte Rotationsbewegungen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich. Typische Rotationsbewegungen sind der Griff nach hinten an den Rücken, um zum Beispiel den BH zu öffnen, das Zuziehen eines Vorhangs oder das Anziehen einer engen Jacke.
Der Deltamuskel entspringt von den äußeren knöchernen Strukturen der Schulter (Schlüsselbein und Acromion am Schulterblatt) und setzt etwa unterhalb des oberen Drittels des Oberarmknochens an. Seine Funktion ist es, den Arm nach vorne, zur Seite und nach hinten zu bewegen. Er ist ein kräftiger Muskel und bildet optisch die Kontur der Schulter.
Seine Bewegung wird von einem Nerven (Nervus axillaris) gesteuert, der durch Operationen oder Unfälle verletzt werden kann, wodurch dann die Funktion des Muskels ausfällt. Die Betroffenen leiden unter einem erheblichen Kraftdefizit in der Bewegung des Arms, insbesondere beim nach vorne oder zur Seite heben.
Der Muskulus bizeps brachii, wie der Bizeps medizinisch bezeichnet wird, ist der stärkste Beuger im Ellenbogengelenk und dreht außerdem die Handfläche nach oben. Seine lange Sehne (LBS, lange Bizepssehne) zieht vom Muskelbauch des Bizeps am unteren Oberarm durch eine Rinne am Oberarmkopf durch das Gelenk bis an den Oberrand der Gelenkpfanne am Schulterblatt. Besonders bei Überkopfsportarten wird diese lange Sehne extrem beansprucht und kann durch ständiges Scheuern in der knöchernen Rinne einreißen. In anderen Fällen reißt die Bizepssehne direkt von ihrem Ansatzort an der Gelenkpfanne ab.
In beiden Fällen ist es möglich, dass die Sehne komplett abreißt und der betroffene Bauch des Bizepsmuskels unter der Haut nach unten rutscht. Dadurch entsteht beim Anspannen des Bizeps ein so genannter „Popeye-Muskel", weil sich der kräftige Muskelbauch dann tiefer als gewöhnlich abzeichnet, wie bei der Walt Disney Figur Popeye.
Bei Entzündungen oder Verletzungen der Sehne in ihrer Führungsrinne ist sie dort druckschmerzhaft und besonders Drehungen im Oberarm verursachen Schmerzen.
Das Schultereckgelenk wird vom Schulterblatt und dem Schlüsselbein gebildet und ermöglicht die freie Bewegung des Arms in alle Richtungen. Es ist ein kleines Gelenk, das von einer Kapsel umgeben ist und in dem sich im Laufe des Lebens eine Arthrose, ein Gelenkverschleiß, entwickeln kann. Sind die feinen Knorpelschichten oder sogar schon der Knochen beschädigt, verursacht praktisch jede größere Bewegung des Armes Schmerzen an der Vorderseite der Schulter.
Als Hyperlaxität bezeichnet man eine abnorm starke Beweglichkeit. Sie kommt durch lockere Bänder und weniger straffes Bindegewebe zustande und ist meist angeboren. Durch diese vermehrte Beweglichkeit werden die verschiedenen Anteile des Schultergelenks übermäßig beansprucht, sodass es im Laufe der Zeit schnell zu Überlastungsreaktionen und Schmerzen kommen kann.
Lockere Bänder und eine zu weite Gelenkkapsel sind häufig die Ursache dafür, dass der Oberarmkopf durch einen Unfall oder beim Sport nach vorne oder hinten aus seiner Gelenkpfanne springt. Eine solche Verrenkung wird Luxation genannt. In einigen Fällen gleitet der Oberarm von selbst wieder in seine ursprüngliche Position, in anderen Fällen muss er vom Arzt wieder eingerenkt (reponiert) werden.
Bei solch einer Gelenksluxation werden nicht selten weitere Bänder und Strukturen der Gelenkpfanne verletzt, sodass sich die Instabilität der Schulter noch verstärkt. Die Betroffenen empfinden diese Lockerheit der Schulter als extrem störend, da sie bei bestimmten Bewegungen häufig das Gefühl haben, die Schulter könnte wieder herausspringen. Zudem ist die Instabilität häufig von belastungsabhängigen Schmerzen begleitet.
Sind trotz ausführlicher orthopädischer Untersuchungen der Schulter keine Ursachen der Schmerzen zu finden, muss daran gedacht werden, dass auch Probleme an anderen Organen Schmerzen in die Schulter projizieren können. So kann der Schmerz beim Herzinfarkt in die linke Schulter ausstrahlen und auch Entzündungen der Gallenblase äußern sich nicht selten als Schulter- oder Nackenschmerzen. Die Nerven der Gallenblase sind auf Rückenmarksebene mit Nerven der Schulterregion verknüpft, wodurch im Gehirn Schmerzreize von der Gallenblase in „Schmerz im Bereich der Schulter" umgewandelt werden (so genannte Head'sche Zonen).
Auch Tumore der Lunge oder des Rippenfells, die sich im oberen Brustkorb nahe der Schulter befinden, können Schulterschmerzen verursachen.
Des Weiteren ist es möglich, dass der Schmerz nicht direkt aus der Schulter stammt sondern durch eine Verletzung der Nerven im Bereich der Halswirbelsäule zustande kommt, beispielsweise durch einen Bandscheibenvorfall mit Einklemmung des Rückenmarks oder der Nervenwurzeln.
Bei länger andauernden Schulterschmerzen, besonders bei solchen, die den Alltag beeinträchtigen, ist es sinnvoll, einen Orthopäden aufzusuchen. Am besten wäre ein Facharzt für Orthopädie, der sich auf Schultern spezialisiert hat.
Dieser wird zunächst den Patienten eingehend befragen.
Anschließend untersucht der Orthopäde die Schulter auf äußerliche Auffälligkeiten, Druckschmerzen sowie aktive und passive Beweglichkeit. Er überprüft mithilfe klinischer Tests die Funktion der Rotatorenmanschette, indem er den Patienten bittet, verschiedene Bewegungen durchzuführen. Außerdem checkt er die Funktion des Bizeps und der langen Bizepssehne sowie der Schultereckgelenks. Zusätzlich können verschiedene Tests zur Diagnose eines Impingementsyndroms oder einer Hyperlaxität beziehungsweise Instabilität durchgeführt werden.
Zusätzlich zur klinischen Untersuchung ist es wichtig, die Schulter durch Röntgenaufnahmen sowie eine Computertomographie (CT) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT) beurteilen zu können. Auf diesen Bildern lassen sich sehr gut Risse, Entzündungen und andere Verletzungen erkennen.
Bei Schulterschmerzen muss je nach Diagnose ein spezielles Therapiekonzept entwickelt werden. In der Regel ist keine Notfalloperation notwendig, außer es besteht ein verschobener Bruch des Oberarmknochens oder ein frischer Riss mehrerer Sehnen nach einem gerade erst geschehnen Unfall.
Häufig lassen sich Schulterschmerzen sehr gut durch intensive krankengymnastische und physiotherapeutische Konzepte behandeln. Dabei ist es wichtig sowohl die Kraft der Muskulatur als auch die Beweglichkeit der Schulter zu verbessern.
Wird durch Physiotherapie langfristig keine wesentliche Verbesserung der Beschwerden erzielt, kann je nach Diagnose eine Operation empfohlen werden. Teilrisse oder vollständige Risse der Sehnen der Rotatorenmanschette können in der Regel sehr gut operativ korrigiert werden. Auch der Verschleiß der langen Bizepssehne kann so therapiert werden. Verklebungen oder Verwachsungen, die nach häufigen Entzündungen des Gelenks entstehen und auch arthrotische Veränderungen im Schultereckgelenk können operativ entfernt werden.
Die meisten Eingriffe an der Schulter werden durch das Schlüsselloch-Prinzip minimalinvasiv durchgeführt. Bei einer solchen Arthroskopie werden nur kleine Hautschnitte benötigt, durch die die Arbeitsgeräte und die Kamera in das Gelenk eingeführt werden.
Letzte Aktualisierung am 14.10.2021.