Mit einem Sehtest kann die Sehschärfe eines Patienten überprüft werden. Es handelt sich um eine der wichtigsten Untersuchungen innerhalb der Augenheilkunde. Meist wird das Sehen in der Ferne getestet, indem der Patient Zeichen auf einer Sehprobentafel oder projizierte Zeichen erkennen muss. Der Sehtest kann ohne oder mit Korrekturgläsern vorgenommen werden. Mit einem Sehtest kann überprüft werden, wie gut der Patient im Vergleich zu anderen Menschen sehen kann und ob eine Sehverschlechterung eingetreten ist. Die ermittelte Sehschärfe wird als Visus angegeben. Ein Visus von 1,0 („100 Prozent") beschreibt ein normales Sehen, niedrigere Werte stehen für eine herabgesetzte Sehschärfe.
Ein Sehtest erfolgt generell bei jedem Patienten, der sich bei einem Augenarzt oder in einer Augenklinik vorstellt. Auch ein Augenoptiker kann einen Sehtest durchführen, um eine Brille anzupassen. Beim Arzt wird der Sehtest vorgenommen, um eine Herabsetzung der Sehschärfe feststellen zu können. Viele Augenerkrankungen können zu einem verschlechterten Sehen führen.
Bei einer Fehlsichtigkeit, also einer Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit oder Stabsichtigkeit (Hornhautverkrümmung, Astigmatismus), ist die Sehschärfe mehr oder weniger stark vermindert. Dies lässt sich aber durch das Vorhalten eines geeigneten Korrekturglases aber ausgleichen, so dass der Patient bei ansonsten gesundem Auge auf die volle Sehkraft kommt.
Nicht durch Gläser korrigierbar sind Sehschärfeminderungen, die durch andere Krankheiten des Auges bedingt sind. Es kann sich um Trübungen der sonst klaren Medien handeln (beim Grauen Star = Linsentrübung), um Erkrankungen der Netzhaut (altersbedingte Makuladegeneration = Zugrundegehen der Netzhautmitte durch Alterungsvorgänge) oder um nervlich bedingte Sehausfälle. Es gibt auch eine Schwachsichtigkeit (Amblyopie), die durch Besonderheiten in der Kindheit (Schielen) bedingt ist und sich nicht an organischen Veränderungen erkennen lässt.
Ein Sehtest wird auch im Rahmen eines Gutachtens durchgeführt. Hierbei soll der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit festgestellt werden, oder die Eignung für einen Führerschein oder verschiedene Berufe wie Pilot oder Polizist überprüft werden.
Bei einem Sehtest blickt der Patient auf ihm angebotene Zeichen zur Sehprüfung und muss diese erkennen. Jedes Auge wird einzeln getestet. Die Sehzeichen befinden sich auf einer Tafel oder werden mit einem Projektor auf eine Wand oder einen Schirm gebracht. Meist sind es Zahlen oder Buchstaben (Snellen-Test), der Sehtest kann aber auch mit E-förmigen Symbolen (Pflüger-Haken), mit C-förmigen Zeichen (Landolt-Ringe) oder mit einfachen Bildsymbolen für Kinder (Lea-Test) erfolgen.
Je kleiner die Zeichen sind, die der Patient noch richtig benennen kann, desto besser ist seine Sehschärfe. Ein Sehtest kann in der Ferne (in 5 Metern Entfernung) oder in der Nähe (etwa 30 Zentimeter vor dem Auge) erfolgen. Um eine Fehlsichtigkeit zu korrigieren, müssen gegebenenfalls bestimmte geschliffene Gläser vor das Auge gehalten werden.
Die Sehschärfe wird in der Fachsprache als Visus bezeichnet. Die Werte für den Visus werden als reine Zahlenangaben und nicht in Maßeinheiten festgehalten. Ein Visus von 1,0 besteht dann, wenn zwei Punkte in einem Abstand von einer Winkelminute noch gerade auseinandergehalten werden können. Dies entspricht ungefähr der durchschnittlichen normalen Sehschärfe der Bevölkerung. Bei geringerer Sehschärfe ist der Wert entsprechend kleiner. Können beispielsweise Punkte nur noch unterschieden werden, wenn sie 5 Winkelminuten voneinander entfernt sind, so besteht ein Visus von 0,2 (1/5). Der Visus kann auch größer als 1,0 sein. Junge Menschen haben oft eine Sehschärfe von 1,25 oder noch mehr. Manchmal wird die Sehschärfe in Prozent angegeben. Dies ist jedoch bei den Augenärzten nicht üblich.
Ist die Sehschärfe so sehr herabgesetzt, dass eine Beschreibung mit Zahlen nicht mehr möglich ist, so kann auf Fingerzählen, Handbewegung oder Lichtschein geprüft werden. Kann mit einem Auge noch nicht einmal Licht gesehen werden, so bezeichnet der Arzt dies als „nulla lux" (lateinisch: kein Licht).
Die eigene Brille sollte nach Möglichkeit zu einem Sehtest beziehungsweise zu jedem Augenarztbesuch mitgebracht werden. Dies kann die Untersuchung erheblich vereinfachen. Ansonsten sind meist keine speziellen Hinweise vor einem Sehtest zu beachten.
Bei praktisch jedem Sehtest wird das Sehen in der Ferne (5 Meter) geprüft. Um den Visus (Sehschärfe) für jedes Auge getrennt bestimmen zu können, wird jeweils eines abgedeckt. Dies kann mit der Hand, mit einer Klappe oder mit einem hinter die Brille gesteckten Stück Pappe geschehen, wichtig ist nur, dass der Patient mit diesem Auge nicht mehr auf die Sehzeichen blicken kann. Der Patient muss die Zahlen oder Buchstaben vorlesen beziehungsweise Symbole oder Bilder benennen.
Notiert wird vom Augenarzt der Sehschärfe-Wert für die kleinsten Zeichen, die noch richtig erkannt werden können. Die jeweilige Sehschärfe lässt sich direkt neben den Symbolen vom Arzt ablesen. Sollten keine Zeichen erkennbar sein, so wird dem Patienten eine Sehprobentafel ein Meter vor das Auge gehalten. Ist immer noch kein Erkennen der Zeichen möglich, so wird das Zählen von Fingern, die Bewegung der Hand beziehungsweise der Lichtschein aus einer Lampe getestet.
Bei genauen Sehtests wird der Visus zunächst ohne Fehlsichtigkeitskorrektur geprüft, dann wird entweder die eigene Brille getragen, oder es werden die bestmöglichen Korrekturgläser vor das Auge gesetzt. Im augenärztlichen Alltag ist es oft ausreichend, sofort einen Sehtest mit der Brille des Patienten durchzuführen.
Das Sehen in der Nähe wird in einem Sehtest mit ähnlichem Ablauf geprüft. Es kommt eine kleine Sehtafel zum Einsatz, die etwa 30 Zentimeter vor das Auge gehalten wird.
Es gibt viele Möglichkeiten, das Sehvermögen eines Patienten zu prüfen. Wenn untersucht werden soll, ob eine Herabsetzung der Sehschärfe nur durch eine Trübung der Linse verursacht wird oder aber durch Schäden an der Netzhaut bedingt ist, eignet sich dazu ein Retinometervisus. Hierbei wird ein streifenförmiges Lichtmuster auf das Auge geworfen, das der Patient erkennen soll.
Für sehr kleine Kinder, die Bilder und Zeichen noch nicht nennen können, ist eine spezielle Art des Sehtests möglich, indem eine Tafel mit Streifen auf der einen Hälfte und fehlendem Muster auf der anderen Hälfte vorgehalten wird. In den meisten Fällen blickt das Kind die gestreifte Seite an (preferential looking).
Weitere Möglichkeiten, bestimmte Aspekte des Sehens zu überprüfen, bestehen in Farbsehtests, der Gesichtsfelduntersuchung oder dem so genannten Amsler-Test auf verzerrtes oder verschattetes Sehen.
Letzte Aktualisierung am 28.09.2021.