Eine ERCP ist eine spezielle Untersuchung der Gallenwege und des Bauchspeicheldrüsenganges. Die Abkürzung ERCP steht für den Fachausdruck endoskopische retrograde Cholangio-Pankreatikographie. Es handelt sich um eine Röntgenuntersuchung, zu der mittels einer erweiterten Magenspiegelung ein Kontrastmittel in das Gangsystem von Galle und Bauchspeicheldrüse gebracht wird. In der ERCP lassen sich einige Erkrankungen wie Gallensteine, Entzündungen und Tumore erkennen, und es können bestimmte Arten der Behandlung erfolgen.
Mit einer ERCP ist die Erkennung bestimmter krankhafter Veränderungen in den Gallenwegen und dem Bauchspeicheldrüsen-Gangsystem möglich. Die Gallengänge sind für den Transport der Gallenflüssigkeit in den Darm verantwortlich, ein Nebengang führt in die Gallenblase als Zwischenspeicher. Der Hauptgang der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) sammelt die Verdauungssäfte aus diesem Organ. In einem gemeinsamen Gang münden beide Systeme an der so genannten Vater-Papille im Zwölffingerdarm.
Die ERCP wird oft durchgeführt, wenn ein Verdacht auf eine Abflussstörung der Gallenflüssigkeit beziehungsweise des Bauchspeicheldrüsen-Sekrets besteht. Dies kann bei Symptomen wie Gelbsucht (Ikterus) der Fall sein, aber auch, wenn in anderen Untersuchungen wie dem Ultraschall auffällige Befunde gesehen wurden. Erkrankungen, die durch die ERCP erkannt und beurteilt werden können, sind Gallensteine, Verengungen in den Gängen, länger andauernde Entzündungen der Gallenwege oder der Bauchspeicheldrüse, Tumore sowie Zysten (flüssigkeitsgefüllte Hohlräume) in diesem Bereich. Wird bei der ERCP eine Gewebeprobe entnommen (Biopsie), kann beispielsweise die genaue Art eines Tumors bestimmt werden.
Doch nicht nur als Untersuchung, sondern auch zur Therapie eignet sich die ERCP. Im Rahmen der Maßnahme können beispielsweise Gallensteine herausgeholt, mit mehreren Methoden zertrümmert werden, Verengungen aufgedehnt werden oder innere Schienungen (Stents) in die Gänge eingearbeitet werden.
Die ERCP ist die Kombination zweier Untersuchungen, nämlich einer Magen- und Zwölffingerdarmspiegelung (Endoskopie, Gastro-Duodenoskopie) sowie einer Röntgenuntersuchung. Die Spiegelung dient vornehmlich dazu, ein Kontrastmittel in das Gangsystem der Galle und der Bauchspeicheldrüse einzuführen, damit diese sich auf dem Röntgenbild deutlich abzeichnen. Die Spiegelung wird mit einem flexiblen optischen Gerät, dem Endoskop, durchgeführt.
Es hat an seinem Ende eine Lichtquelle und eine kleine Kamera, deren Bilder auf einen Monitor übertragen werden. So kann das Kontrastmittel über einen Kanal exakt eingespritzt werden. Da der Arzt mit dem Endoskop ohnehin schon bis in den Mündungsbereich des gemeinsamen Endganges von Gallen- und Bauchspeicheldrüsengang vorgedrungen ist, können gleich bestimmte Behandlungsmaßnahmen im selben Eingriff erfolgen.
Der Patient muss dem Arzt mitteilen, ob eine Allergie gegen Röntgen-Kontrastmittel bekannt ist. Der Patient darf sechs Stunden vor der Untersuchung mittels ERCP nichts mehr essen oder trinken. Geringe Mengen an Wasser dürfen jedoch noch bis zwei Stunden vorher aufgenommen werden. Zur Untersuchung müssen Zahnprothesen aus dem Mund genommen werden.
Vor einer ERCP (endoskopische retrograde Cholangio-Pankreatikographie) wird meist über eine Vene ein starkes Beruhigungsmittel verabreicht, manchmal erfolgt auch eine Narkose. Der Patient liegt zunächst auf der linken Körperseite. Nach Betäubung des Rachens mit einem Spray wird das optische Spiegelungsinstrument (Endoskop) über den Mund, die Speiseröhre und den Magen bis in den Zwölffingerdarm vorgeschoben. Daraufhin wird der Patient auf den Bauch gedreht. Der Untersucher spritzt über das Endoskop ein Kontrastmittel durch die so genannte Vater-Papille, so dass es in den Gallengang und den Bauchspeicheldrüsengang gelangt. Dies geschieht während einer Durchleuchtung mit einem Röntgengerät. Nun werden die benötigten Röntgenbilder aufgenommen.
Daraufhin können, falls notwendig, kleine Eingriffe wie eine Probeentnahme (Biopsie), eine Steinentfernung, Aufweitung oder Einbringung eines Stents (innere Schienung) erfolgen.
Nach allen Maßnahmen wird das Endoskop wieder herausgezogen. Der Arzt kann die Röntgenbilder beurteilen.
Bei einer ERCP können Komplikationen in mehreren Bereichen vorkommen. Durch die Magenspiegelung kann es zu mechanischen Schäden an den Zähnen, im Mund und Rachen, der Speiseröhre, im Magen, Zwölffingerdarm oder den Bauchspeicheldrüsen- und Gallenwegen kommen. Entzündungen (etwa der Bauchspeicheldrüse) können sich ergeben.
Durch den Nadelstich zur Gabe des Beruhigungs- oder Narkosemittels können örtliche Probleme wie Blutungen, Narben oder Infektionen auftreten. Bei der Röntgenuntersuchung besteht ein Strahlenrisiko, das aber relativ gering ist. Erbgutschäden mit der möglichen Verursachung von Krebs können dennoch nicht ausgeschlossen werden.
Zur Diagnose von Erkrankungen an den Gallenwegen oder der Bauchspeicheldrüse dienen neben der ERCP auch andere bildgebende Verfahren. Sinnvoll ist normalerweise eine Ultraschalluntersuchung, auch eine Computertomographie (CT) oder Kernspintomographie (MRT, speziell hier als MRCP) können vorgenommen werden. Zudem können weitere Untersuchungen wie die Analyse einer Blutprobe aufschlussreich sein.
Letzte Aktualisierung am 09.09.2021.