Die Leukozytenanzahl (leukos (griechisch)=weiß; Leukozyten=weiße Blutzellen) oder Leukozytenzahl ist definiert als die Menge an weißen Blutzellen in einem bestimmten Volumen Blut.
Als Normwerte gelten bei Frau und Mann: 4 bis 10/nl, oder 4000 bis 10000/µl
Blutwert | Abkürzung | Männer | Frauen | Weitere Infos |
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Weiße Blutkörperchen (Leukozyten) | Leukos | 4.000-10.000 pro µl | 4.000-10.000 pro µl | zu hoch zu niedrig |
Die Leukozyten sind diejenigen Zellen, die für unsere Immunabwehr verantwortlich sind. Die Zahl der Leukozyten wird beim kleinen Blutbild und beim großen Blutbild bestimmt. Das große Blutbild nennt man auch Differentialblutbild. Hier wird genau geschaut, welche Art der weißen Blutkörperchen sich verändert hat.
Es gibt mehrere Arten an weißen Blutkörperchen, deren Zahl bei einem gesunden Menschen einen bestimmten Anteil an der Gesamtmenge ausmacht:
Weißes Blutkörperchen | Aussehen |
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Neutrophile Granulozyten | © |
Eosinophile Granulozyten | © |
Basophile Granulozyten | © |
Lymphozyten | © |
Monozyten | © |
Die Normalwerte der weißen Blutkörperchen sind:
Zellen | in Prozent | pro µl Blut | weitere Infos |
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Alle weißen Blutkörperchen (Leukozyten) | 100% | 4.000-10.000 | zu hoch zu niedrig |
Neutrophile Granulozyten (segmentkernig) | 50-70% | 3.000-5.800 | zu hoch zu niedrig |
Neutrophile Granulozyten (stabkernig) | 3-5% | 150-400 | zu hoch zu niedrig |
Basophile Granulozyten | 0-1% | 15-40 | zu hoch zu niedrig |
Eosinophile Granulozyten | 1-4% | 50-250 | zu hoch zu niedrig |
Monozyten | 3-7% | 285-500 | zu hoch zu niedrig |
Lymphozyten | 25-45% | 1.500-3.000 | zu hoch zu niedrig |
Granulozyten und Monozyten sind Fresszellen, Mediziner sprechen von Phagozyten. Fremdstoffe, oder Fremdkörper können von den Fresszellen eingeschlossen und dann in das Innere dieser Zellen aufgenommen werden. Dort werden sie durch zelleigene Stoffe abgebaut.
Die verschiedenen Fresszellen haben unterschiedliche Haupteinsatzgebiete. Neutrophile Granulozyten sind v.a. auf die Abwehr von Bakterien spezialisiert. Eosinophile schützen uns vor Parasiten (z.B. Würmer), und basophile Granulozyten speichern im Innern die Stoffe Heparin und Histamin, das bei Allergien eine wichtige Rolle spielt. Wird Histamin von den Zellen ausgeschüttet, kommt es zu einer allergischen Reaktion. Monozyten kommen im Gewebe vor und fressen Mirkoorganismen, aber auch alte körpereigene Zellen.
Lymphozyten schließlich sind gegen Erreger und Fremdstoffe gerichtet, die sie als Besonderheit bei erneutem Eindringen in den Körper auch wiedererkennen können. Das hat den Vorteil, dass ab dem zweiten Mal die Abwehrmechanismen sehr viel schneller in Gang kommen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom " immunologischem Gedächtnis ".
Bei verschiedenen Erkrankung können jeweils unterschiedliche Leukozytenarten in ihrer Zahl verändert sein.
Die Anzahl der weißen Blutkörperchen wird beispielsweise bei Entzündungen und Infektionen untersucht. Dasselbe geschieht bei Blutkrankheiten wie bei einer Anämie (Blutarmut) oder Leukämie (Blutkrebs). Auch, wenn das Knochenmark angegriffen ist, etwa wegen einer Bestrahlung in der Krebstherapie, wegen eines Krebses, der Metastasen im Körper gebildet hat (Metastase = "Ableger" eines Tumors), oder weil ein Patient Medikamente einnimmt, die das Immunsystem unterdrücken, wird die Leukozytenzahl regelmäßig gemessen.
Weiterhin kann auch ein Gewebsuntergang (Nekrose) wie bei Verbrennungen Anstoß zu einer Bestimmung geben. Das gleiche gilt für Vergiftungen und Kontrollen von Krankheiten, bei denen sich der eigene Körper selbst angreift (Autoaggressionserkrankungen).
Ab einer Zahl von 4000 Leukozyten im Blut spricht man in der Klinik von einer Leukozytose. Bei bakteriellen Infektionen beispielsweise kann die Zahl der Leukozyten z.T. drastisch erhöht sein. Eine Ausnahme hiervon bildet die Tuberkulose (Schwindsucht). Aber auch Pilze und Parasiten können dafür verantwortlich sein, dass die Menge an weißen Blutkörperchen vergrößert ist. Das wird verständlich, wenn man bedenkt, dass die Leukozyten für unsere Immunabwehr verantwortlich sind. Chronische (lang anhaltende) Entzündungen, eine Überfunktion der Schilddrüse (Hyperthyreose) und rheumatische Krankheiten führen häufig ebenfalls dazu, dass die Zahl z.T. weit ansteigt.
Ebenso ein Coma diabeticum, hepaticum, uraemicum (ein Koma durch Diabetes, durch ein Versagen der Leber, durch fortgeschrittene Nierenfunktionsstörung), verschiedene Arten von Krebs und Metastasen. Schließlich kann auch bei einer gerade überstandenen Agranulozytose (starke Reduzierung, bis Fehlen der Granulozyten), bei Stress, einer Verletzung, Blutung, Verbrennung, bei einer Kohlenstoffdioxydvergiftung, einem Schock, einem Gewebsuntergang durch den Verschluss eines Gefäßes (Infarkt), Hämolyse (Zerstörung der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und Gicht (Stoffwechselstörung, bei der sich Harnsäurekristalle an verschiedenen Stellen im Körper ablagern) eine Leukozytose verursacht werden.
Als nicht krankhaft, sondern "normal " eingestuft werden kann eine Leukozytose in der Schwangerschaft, bei Babies und Kleinkindern, nach intensiver körperlicher Betätigung, nach Nahrungsaufnahme und beispielsweise bei Einnahme von Kortisol (zur Allergiebehandlung) und Lithium (Antidepressivum).
Eine sog. Eosinophilie, bei der die Zahl der eosinophilen Granulozyten erhöht ist, kommt bei nahezu allen Allergien vor, außerdem aber auch bei Wurminfektionen und Tumoren (Krebs) in den Eierstöcken.
Eine isolierte Monozytose (Erhöhung nur der Monozyten) findet sich beispielsweise bei einer Entzündung der Herzinnenhaut (Endokarditis). Genauso aber unter anderem auch bei anderen Entzündungen, Tuberkulose, einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (Pfeiffersches Drüsenfieber), Syphilis (Geschlechtskrankheit), Brucellose (Erkrankung, die durch die Bakterienart Brucella hervorgerufen wird) und Sarkoidose (Erkrankung ungeklärter Ursache mit Knotenbildung in verschiedenen Organen).
Liegt die gemessene Leukozytenzahl im Blut bei einem Wert von 4000/µl, oder darunter, spricht man in der Medizin von einer Leukozytopenie. Eine solche kann dadurch hervorgerufen werden, dass wir zu wenig Vitamin B12 zu uns nehmen. Dieses Vitamin ist zur Bildung von weißen Blutkörperchen sehr wichtig. Auch eine familiäre Granulozytopenie (nur die Granulozytenzahl ist vermindert), oder Autoimmunerkrankungen (das Immunsystem des Köpers richtet sich gegen den eigenen Körper) kommen als Ursache in Frage. Ebenso kann ein starker Leukozytenabbau in der Milz, oder ein vermehrter Verbrauch bei Infektionen der Grund sein.
In der Klinik ist die durch Medikamente hervorgerufene Neutropenie (neutrophile Granulozyten sind vermindert) besonders gefürchtet. Sie kann in einer Agranulozytose gipfeln.
Bei der Agranulozytose werden zwei Formen unterschieden:
Als Material für die Messung der Leukozytenanzahl wird in der Klinik meistens venöses Blut des Patienten verwendet. Hiervon genügt die geringe Menge von nur 1ml. Das Blut wird nach der Blutabnahme mit einer Substanz vermengt, die verhindert, dass die Blutprobe gerinnt. Diese Substanz ist das EDTA (Ethylendiamintetraacetat). Alternativ kann aber auch Blut aus einer Kapillare (sehr kleines Blutgefäß) benutzt werden, wovon sogar noch weniger, nur 100 µl notwendig sind.
Bei Raumtemperatur muss das Blut innerhalb von 24h untersucht werden, danach muss die Probe verworfen werden bzw. die Messergebnisse werden ungültig. Die Menge der weißen Blutkörperchen kann nun auf zweierlei Arten bestimmt werden.
Zum einen automatisch mit der sogenannten Durchflusszytometrie. Dieses Messprinzip funktioniert folgender Maßen: die Zellen laufen wie im Gänsemarsch hintereinander durch eine Messkammer. Dabei werden sie mit Laserlicht bestrahlt. Jede Zellart lässt nun dabei ein für sie charakteristisches Streulicht entstehen.
Je größer die Zelle, desto größer ist das Streulicht. Dieses kann gemessen und dadurch auf die Zahl der jeweiligen Zellen in der Blutprobe geschlossen werden. Diese Messmethode wird angewendet, nachdem die Erythrozyten (rote Blutkörperchen) in der Probe mit einer speziellen Substanz, dem Saponin, aufgelöst wurden.
Zum anderen mit der konventionellen lichtmikroskopischen Methode. Nach Zerstörung der roten Blutzellen in der Blutprobe durch eine Essigsäurelösung werden die Leukozyten in einer speziellen Kammer ausgezählt.
Allgemein kann gesagt werden, dass die lichtmikroskopische Variante im Vergleich zur automatisierten Methode sehr ungenau ist. Bei beiden Arten der Messung werden die gefundenen Leukozytopenien und Leukozytosen meistens dadurch verursacht, dass die Menge der neutrophilen Granulozyten verändert ist.
Es ist möglich, dass die Zahl der Leukozyten falsch hoch bestimmt wird. Das kann passieren, wenn unausgereifte rote Blutkörperchen, die im Gegensatz zu den reifen Erythrozyten noch einen Kern besitzen, zu den ebenfalls kernhaltigen weißen Blutzellen mitgezählt werden.
So etwas nennt man in der Medizin eine Pseudoleukozytose, also eine "falsche" Leukozytose.
Um die Leukozytenzahl bestimmen zu können, muss dem Patienten Blut abgenommen werden. Der Arm bietet sich als Entnahmestelle venösen Blutes an, weil die Venen hier meist sehr gut sichtbar und fühlbar sind. Zudem macht die Entnahme dem Patienten dort weniger Umstände, als wenn man das Blut beispielsweise aus der Leiste entnimmt. Bei Patienten, bei denen die Blutabnahme durch qualifiziertes Personal am Arm aber mehrfach misslingt, kann auch auf Gegenden wie Leiste und Fußrücken zurückgegriffen werden.
Wird am Arm abgenommen, sollte am Oberarm eine Staumanschette angelegt werden, damit das Blut im unteren Teil des Arms gehalten wird und nicht abfließt. Die Punktionsstelle wird mit einem Desinfektionsmittel behandelt, anschließend kann die Vene mit einer Kanüle angestochen werden. Die Blutentnahmeröhrchen werden meist über einen Adapter an die Kanüle gesteckt und können dann gefüllt werden.
Das dem Patienten abgenommene Blut muss innerhalb von 24 h bei Raumtemperatur im Labor untersucht werden. Nach dieser Frist gemessene Werte sind ungültig. Bei Lagerungstemperaturen von 4° C bleibt die Probe 48 h lang stabil.
Je nach Gesundheitszustand und Anlage kommt es vor, dass Patienten auf die Blutabnahme mit Übelkeit, Schwindel und Ohnmacht reagieren. Deswegen ist es ratsam, dass die Patienten nach der Entnahme noch eine kleine Weile ruhig sitzen bleiben und nicht zu schnell aufstehen.
Letzte Aktualisierung am 29.11.2021.