Die Alpha-Amylase ist ein Verdauungsenzym, das die Stärke aus der Nahrung in kleine Zuckerketten (Oligosaccharide) zerlegt. Sie ist notwendig, um pflanzliche Kohlenhydrate, wie sie zum Beispiel in Nudeln und Reis vorkommen, für den Körper verwertbar zu machen.
Vorkommen
Alpha-Amylasen werden von den Mundspeicheldrüsen gebildet. Diese spezielle Alpha-Amylase wird deshalb auch Speichelamylase genannt. Die Speicheldrüsen befinden sich vor dem Ohr (Ohrspeicheldrüse, Parotis) und unter der Zunge (Glandula submandibularis, Glandula sublingualis).
Das Enzym wird von den Drüsen über Ausführungsgänge in die Mundhöhle abgegeben, wo es schon beim Zerkauen der Nahrung die Kohlenhydrate spaltet.
Auch die Bauchspeicheldrüse (das Pankreas) bildet die Alpha-Amylase. In diesem Fall wird sie Pankreasamylase genannt. Sie gelangt über den Ausführungsgang des Pankreas in den Zwölffingerdarm (Duodenum, der erste Teil des Dünndarms, der sich an den Magen anschließt).
In besonders großer Menge lässt sich die Alpha-Amylase im Verdauungstrakt nachweisen. Sie gelangt aber auch in geringer Menge ins Blut und wird von dort aus über die Nieren ausgeschieden.
Diagnostik
In der Medizin ist es möglich, durch einen Nachweis der Alpha-Amylase im Blut und im Urin verschiedene Krankheiten zu erkennen. Bei der Labordiagnostik der Enzyme wird deren Aktivität bestimmt. Die Einheit hierfür ist U/l, Units pro Liter. „Units" ist Englisch und bedeutet „Einheiten".
Die Normwerte liegen für die Alpha-Amylase im Blut unter 100 U/l und im Urin unter 460 U/l. Die angegebenen Werte beziehen sich auf den kinetisch-enzymatischen Farbtest bei 37°C. Werden andere Tests zur Diagnostik verwendet, gelten andere Normwerte. Die Werte sind von Test zu Test sehr unterschiedlich. Bei bestimmten Krankheiten sind diese Werte erhöht oder erniedrigt.
Welche Gründe für eine erhöhte Alpha-Amylase-Werte gibt es?
- Akute Entzündung der Bauchspeicheldrüse (akute Pankreatitis): Bei dieser Erkrankung werden die Verdauungsenzyme, die das Pankreas bildet und eigentlich in den Darm gelangen sollen, schon im Organ selbst aktiviert. Die Bauchspeicheldrüse „verdaut" sich selbst, die Zellen werden geschädigt. Dadurch gelangen vermehrt Enzyme, darunter auch die Amylase ins Blut.
- Chronische Entzündung der Bauchspeicheldrüse (chronische Pankreatitis): Dies ist die lang andauernde Form der Pankreatitis. Es können immer wieder Entzündungsschübe auftreten, bei denen das Organ geschädigt wird. Die Erhöhung der Werte hat die gleichen Gründe wie bei der oben beschriebenen akuten Pankreatitis.
- Tumor in oder neben der Bauchspeicheldrüse (Pankreas-Karzinom): Krebszellen des Pankreas sind sehr stoffwechselaktiv und neigen dazu, extrem viele Enzyme, darunter auch Amylase, zu produzieren.
- Verletzung des Pankreas: Die Enzyme können so direkt ins Blut gelangen.
- Eingeschränkte Funktion der Nieren (Niereninsuffizienz) oder Nierenversagen: Bei dieser Erkrankung können die Nieren die Alpha-Amylase nicht mehr aus dem Blut herausfiltern und an den Urin abgeben. Die verminderte Ausscheidung des Enzyms führt dazu, dass es im Blut in erhöhten Konzentrationen verbleibt. Im Urin sind dagegen erniedrigte Werte festzustellen.
- Entzündung der Ohrspeicheldrüsen, zum Beispiel bei Mumps (Parotitis): Mumps ist eine durch Viren ausgelöste Erkrankung der Ohrspeicheldrüse. Hierbei kann es zu einer Abflussstörung des Speichels kommen, wodurch sich größere Mengen Amylase in der Drüse sammelt und schließlich ins Blut übertritt.
- Abflussstörungen der Gallenwege
- Alkoholismus
- Nach Untersuchungen oder Operationen des Pankreas, Magen oder Duodenums: Bei der ERCP (= endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie) wird ein spezielles Kontrastmittel durch ein Endoskop in die Ausführungsgänge von Pankreas und Gallenblase eingespritzt, um diese Organe im Röntgenbild darstellen zu können. Dieser Eingriff sowie Operationen im Oberbauch erhöhen die Konzentration der Alpha-Amylase im Blut
- Lungen- und Eierstockkrebs: Lunge und Eierstöcke enthalten in sehr geringen Mengen Amylase. Entstehen Tumore in diesen Organen, zeigt der Amylase-Test erhöhte Werte an. Das Enzym wird daher in der Krebsdiagnostik verwendet und kann auch auf andere Tumore, zum Beispiel in Schilddrüse oder Dickdarm, hinweisen.
- Markoamylasämie: Mehrere Enzyme werden durch Antikörper miteinander verbunden und es entstehen sehr große Amylase-Moleküle (Makroamylase). Diese großen Moleküle passen nicht mehr durch die feinen Filter der Nieren und können nicht ausgeschieden werden. Dadurch ist die Amylase im Blut in erhöhten Konzentrationen festzustellen, im Urin dagegen in erniedrigten.
- Gelegentlich bei AIDS oder Darmerkrankungen
- Therapie mit HÄS (Hydroxyathylstärke): Diese Infusionen lassen gelegentlich große Amylase-Moleküle wie bei der Makroamylasämie entstehen. Sie können dann nicht mehr von den Nieren ausgeschieden werden.
- Verschiedene Medikamente
Welche Gründe gibt es für erniedrigte Alpha-Amylase-Werte?
- Absterben von Bauchspeicheldrüsengewebe (Pankreasnekrose)
- Adipositas (Fettleibigkeit, Übergewicht)
- Genetische Ursachen, die meist keinen Krankheitswert haben
- Schwere Leberschäden
- Im Urin erniedrigte Werte kommen bei Nierenschwäche oder -versagen vor
- Eiweißmangelernährung
- Verschiedene Medikamente