Unter Vaginismus (Scheidenkrampf) versteht man das krampfartige, unkontrollierte Zusammenziehen der Scheiden- und Beckenbodenmuskulatur. Durch die Verkrampfung verengt sich die Scheide stark und es können starke Schmerzen entstehen. Der Vaginismus tritt vor allem beim Einführen verschiedener Objekte (Penis, Finger oder Tampon) in die Scheide auf. Der Scheidenkrampf kann aber auch schon allein durch die Vorstellung, ein Objekt in die Scheide einzuführen, auftreten.
Ungefähr 13 Prozent aller Frauen, die wegen sexuellen Funktionsstörungen einen Arzt aufsuchen, leiden an Vaginismus. Die meisten können aber durchaus Orgasmen verspüren (durch Stimulation der Klitoris) und befriedigende sexuelle Momente erleben. Der Krampf kann beim Geschlechtsverkehr sogar so stark ausgeprägt sein, dass ein Herausziehen des Penis nicht mehr möglich ist. In solchen Fällen muss ein Arzt hinzugezogen werden.
Die Ursachen für den Vaginismus sind nicht vollständig geklärt, doch es gibt einige Ansätze, die versuchen, die Entstehungsgründe des Vaginismus zu erklären:
Ein Teil der betroffenen Personen berichtet, dass die Scheidenkrämpfe erst nach einer Entbindung oder anderen gynäkologischen Operationen auftraten. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Scheidenkrämpfe auch durch körperliche Fehlfunktionen ausgelöst werden können, wie durch Tumoren oder Blutergüsse. Diese können auf Nerven drücken und sie dadurch reizen. Wenn die Nerven dabei geschädigt werden, können sie überempfindlich auf äußere Reize (beim Eindringen des Penis) reagieren und Muskelverkrampfungen auslösen.
Häufiger wird Vaginismus jedoch durch psychische Faktoren ausgelöst und beeinflusst.
Probleme in der Partnerschaft kommen häufig vor und sind bis zu einem gewissen Maß sogar normal. Langwierige Konflikte jedoch, die häufig nicht beiden Partnern bewusst sind, können den intimen Akt zum Problem für die Frau machen. Hierbei sind vor allem Barrieren beteiligt, die von beiden Partnern unbewusst aufgebaut werden und es fast unmöglich machen, über sexuelle Wünsche und Bedürfnisse zu reden.
Die Sexual-Erziehung spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung des Vaginismus. Eine strenge Sexual-Erziehung kann Schuldgefühle beim Geschlechtsverkehr hervorrufen, die oft nicht in Bewusstsein rücken, jedoch trotzdem körperliche Funktionen beeinträchtigen können und den Scheidenkrampf als eine Art „Abwehrhaltung" auslösen. Dies geschieht, wenn in der Erziehung Sex als „schmutzig" oder „böse" vermittelt wurde.
Sexuelle Missbrauch oder Vergewaltigung kann das Opfer ein Leben lang beeinträchtigen. Das Trauma kann zwar unter Umständen ohne Therapie verdrängt werden, es bleibt jedoch im Unterbewusstsein und richtet dort weiter Schaden an. Das betrifft vor allem die sexuelle Funktion, da sexuelle Handlungen am meisten denen des Traumas ähneln.
Das Hauptsymptom des Vaginismus ist das krampfartige Zusammenziehen der Scheiden- und Beckenbodenmuskulatur. Dies kann auftreten, wenn ein Gegenstand in die Scheide eingeführt wird oder eine Absicht dazu besteht. In schweren Fällen können auch schon Gedanken an das Einführen einen Scheidenkrampf auslösen.
Wenn das Problem länger besteht, können auch noch andere Symptome hinzukommen. Aufgrund der Schmerzen, die der Scheidenkrampf beim Sex auslöst, können Frauen eine regelrechte Phobie (Angst) vor Geschlechtsverkehr entwickeln.
Es muss jedoch auch erwähnt werden, dass Frauen, trotz Vaginismus, einen Orgasmus verspüren können. Dieser kann jedoch nicht durch Stimulation der Scheide mit dem Penis ausgelöst werden. Er wird durch Stimulation der Klitoris (Kitzler) ausgelöst.
Die Diagnose des Vaginismus wird meist schon durch die Patienten selbst gestellt. Ein Arzt (Gynäkologe) kann einen Scheidenkrampf in schwereren Fällen auch in der Praxis auslösen, wie durch das Einführen gynäkologischer Instrumente (Endoskop).
Um diese Erkrankung richtig zu therapieren, muss der Arzt bei der Anamnese (Befragung der Patientin) versuchen, die Ursache für den Vaginismus zu finden. Hierzu dient dann auch die anschließende körperliche Untersuchung, die sich vor allem auf den Unterleib beschränkt.
Ein Scheidenkrampf löst vor allem Schmerzen beim Geschlechtsverkehr aus. Es gibt einige andere Erkrankungen, die das gleiche Hauptsymptom verursachen.
Wenn es im Bereich der Scheide zu kleineren Verletzungen oder Aufschürfungen kommt, dann können Keime eindringen und eine Infektion verursachen. Der Körper reagiert auf diese Infektion, indem er verschiedene Stoffe bildet, die im betroffenen Gebiet die Durchblutung steigern und die Stelle für Schmerzen empfindlicher machen.
Dieser Vorgang wird als Entzündungsreaktion bezeichnet und kann, vor allem beim Geschlechtsverkehr, Schmerzen verursachen. Im Gegensatz zum Vaginismus kommt es hier jedoch in aller Regel nicht zum Verkrampfen der Scheiden- und Beckenbodenmuskulatur.
Manche Frauen leiden unter Lubrikationsstörungen (Probleme der Scheidenbefeuchtung). Die Scheidenflüssigkeit erfüllt die Funktion eines Gleitmittels, vermindert also die Reibung zwischen Vagina und Penis. Wenn dieses Gleitmittel nicht mehr vorhanden ist, vergrößert sich die Reibung, was vor allem bei der Frau zu starken Schmerzen und Verletzungen führen kann.
Vaginismus kann heute sehr gut und nachhaltig behandelt werden. Früher wurde die Scheide der betroffenen Frau noch operativ erweitert, da man annahm, die Scheide an sich sei zu klein. Von dieser Ansicht ist man mittlerweile abgerückt und man behandelt vor allem die psychische Komponente der Erkrankung.
Wenn Missbrauch oder Vergewaltigung der Grund für den Vaginismus sind, sollte die betroffene Person unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch nehmen und einen Psychotherapeuten aufsuchen. Mit diesem kann das erlebte Trauma dann in mehreren Gesprächen verarbeitet werde
Hierbei wird versucht, die Vagina an das Einführen des Penis zu „gewöhnen". Dazu führt die Frau selbst in ruhiger Atmosphäre regelmäßig zuerst kleine Gegenstände (beispielsweise den eigenen Finger) in die Scheide ein, bis es nicht mehr zu Verkrampfungen kommt. Dann werden die Gegenstände in Stufen immer größer gewählt, bis zur Größe eines Penis. Hierfür können genormte Stäbe (sog. Hegarstäbe) verwendet werden.
Durch das regelmäßige Durchführen dieser Übung wird das reflexhafte Zusammenziehen der Muskeln langsam „entwöhnt".
Im fortgeschrittenen Stadium der Behandlung kann dann der Partner einbezogen werden. Es ist jedoch wichtig, dass die Frau die Kontrolle über die Situation behält (die Frau führt den Finger/Penis ein).
Von allen sexuellen Funktionsstörungen ist Vaginismus am besten zu behandeln. Bei richtiger Therapie können sehr viele Patientinnen geheilt werden.
Letzte Aktualisierung am 31.08.2021.