Die sexuelle Reaktion der Frau auf geeignete Stimulierung wird in verschiedene Phasen eingeteilt, in denen bestimmte körperliche Veränderungen auftreten (Erregungsphase, Plateauphase, Orgasmusphase, Rückbildungsphase).
Die Befeuchtung der Scheide (Lubrikation) ist ein essentieller Vorgang in der Erregungsphase. Der Scheideneingang wird von speziellen Drüsen befeuchtet, den Bartholini- und den Skene-Drüsen. Das Innere der Scheide hingegen wird durch einen anderen Mechanismus angefeuchtet.
Durch bestimmte Stoffe, die bei Erregung ausgeschüttet werden, wird die Durchblutung in der Scheide erhöht. Dadurch erhöht sich auch der lokale Blutdruck in einem Venengeflecht, das der inneren Scheidenwand anliegt. Durch diese Druckerhöhung wird vermehrt Flüssigkeit aus dem Gefäßsystem gepresst und befeuchtet schließlich die Scheide. Wenn dieser komplexe Vorgang, bei dem mehrere Komponenten ineinander greifen müssen, gestört ist, wird das Innere der Scheide nicht feucht und es kommt zu Problemen beim sexuellen Akt.
Hierzu zählen vor allem Erkrankungen oder natürliche Veränderungen, die den Hormonspiegel der Frau verändern. Am häufigsten geschieht das natürlich in den Wechseljahren. Der Körper stellt sich darauf ein, keine Kinder mehr zu gebären. Dadurch werden verschiedene Hormone nicht mehr gebraucht und die Produktion eingestellt, was dann unter anderem auch zu Scheidentrockenheit führen kann. Das gleiche Prinzip gilt auch bei der Einnahme der Pille, die den Hormonhaushalt aus dem Gleichgewicht bringen kann.
Erkrankungen, die einen Einfluss auf die Konzentration verschiedener Hormone im Blut haben, sind beispielsweise verschiedene Krebserkrankungen, die in hormonproduzierenden Drüsen (Hypophyse, Schilddrüse oder Nebenniere) wachsen.
Aber auch Krankheiten, die keinen direkten Einfluss auf den Hormonspiegel haben, können Lubrikationsstörungen auslösen, wie Diabetes oder Bluthochdruck.
Psychische Auslöser für Scheidentrockenheit sind häufig Stress, Nervosität oder Partnerschaftsprobleme. Hierzu zählen auch Probleme, die durch fehlende „sexuelle Kommunikation" entstehen. Viele Menschen wollen oder können nicht über sexuelle Wünsche und Fantasien sprechen. Das kann dann zu verschiedenen körperlichen Beschwerden führen, wie Scheidentrockenheit.
Eine Sonderstellung unter den psychischen Problemen nimmt der sexuelle Missbrauch ein. Dieser kann entweder aktuell oder auch schon in der Kindheit erfolgt sein. Selbst wenn dieses Trauma erfolgreich verdrängt wurde, kann es im Unterbewusstsein weiter bestehen und sich in sexuellen Problemen äußern.
Lubrikationsstörungen äußern sich durch eine fehlende oder mangelhafte Befeuchtung der inneren Scheide bei ausreichender Lust und Erregung der Frau.
Wird der Geschlechtsverkehr trotzdem und ohne Hilfsmittel (z.B. Gleitgel) vollzogen, so kommt es zu Einrissen in die Vaginalschleimhaut. Durch diese Risse können Krankheitserreger in den Körper eindringen und Infektionen verursachen.
Die Betroffene erzählt, wie häufig das Problem auftritt und erläutert, wenn möglich, welche Ursachen die Störung hat. Ergänzend kann dann noch eine körperliche Untersuchung durchgeführt werden, um mögliche körperliche Ursachen zu entdecken. Wichtig sind vor allem eine Blutuntersuchung und die Untersuchung der Vagina (Scheide).
Es kommen verschiedene andere sexuelle Funktionsstörungen in Betracht, die ähnliche Symptome auslösen können.
Die sexuelle Erregungsstörung kann nur schwer von der Scheidentrockenheit unterschieden werden, da in beiden Fällen das Anfeuchten der Scheide gestört ist. Bei der Erregungsstörung empfindet die Frau jedoch gar keine Erregung, was sie bei Lubrikationsstörungen durchaus verspüren kann. Hier ist es wichtig, dass der Arzt eine detaillierte Anamnese erhebt.
Beim Libidomangel kommt es schon vor der sexuellen Erregung zur Störung. Die betroffene Frau verspürt dauerhaft keine Lust auf Sex und leidet unter diesem Zustand. Wenn eine Frau in diesem Zustand in Geschlechtsverkehr einwilligt (etwa wegen schlechtem Gewissen oder Druck vom Partner), dann wird mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Befeuchtung der Scheide erreicht. Auch hier ist eine gründliche Anamnese wichtig, um die Störungen gegeneinander abgrenzen zu können.
Die Behandlung richtet sich nach der Ursache der Beschwerden und, wenn möglich, den Wünschen der Patientin.
Wenn die Scheidentrockenheit durch eine andere Erkrankung hervorgerufen wird, dann rückt meist diese andere Krankheit in den Fokus der Behandlung. Bei Diabetikern wird regelmäßig Insulin verabreicht und die Ernährung umgestellt, um den Blutzucker konstant zu halten. Krebspatientinnen bekommen oft eine Kombinationstherapie aus Chemotherapie, Bestrahlung und gegebenenfalls Operation.
Falls die Scheidentrockenheit hormonell bedingt ist (durch Eintritt in die Wechseljahre), dann kann oftmals eine einfache Hormonersatztherapie Linderung verschaffen. Hierzu wird das betroffene Hormon (Östrogen) dem Körper von außen zugeführt, meistens durch eine Tablette oder Spritze.
Häufig wird Scheidentrockenheit auch durch Probleme in der Partnerschaft ausgelöst. Ungelöste Konflikte können eine Beziehung sehr belasten und sich unter anderem sexuell auswirken. Auch die Hemmung, miteinander über Sex zu sprechen, ist weit verbreitet und kann zu solchen Komplikationen führen. In beiden Fällen ist eine Paartherapie ein guter Lösungsansatz. Hierbei werden beide Partner gleichzeitig von einem Psychologen betreut, in Form eines „Gesprächs zu dritt". Der Psychologe kann Lösungswege aufzeigen und dabei helfen, Barrieren abzubauen.
In manchen Fällen ist es besser, wenn beide Partner getrennt voneinander behandelt werden. Bei guten Fortschritten kann diese Therapieform auch in eine Paartherapie umgewandelt werden.
Wenn das Problem nur bei der betroffenen Frau liegt, kann eine Einzelbehandlung zum gewünschten Erfolg führen. Diese Form der Behandlung wird oft bei Vergewaltigungs- und Missbrauchsopfern angewendet. Die betroffene Person trifft sich mit einem Psychotherapeuten ihres Vertrauens und redet über Gefühle und Gedanken, die sie plagen. Das traumatische Erlebnis selbst muss nicht sofort angesprochen werden. Am wichtigsten ist hierbei, dass sich die Patientin dem Therapeuten öffnen und ihm vertrauen kann.
Um die Gleitfähigkeit des Penis in der Scheide zu erhöhen, können auch verschiedene Hilfsmittel eingesetzt werden (Gleitgel oder extrafeuchte Kondome). Diese Art der „Therapie" sollte jedoch nur angewendet werden, wenn keine Ursache für die Trockenheit gefunden werden konnte. Diese Mittel sollten auch nur angewendet werden, wenn die Frau es selbst möchte, nicht auf Drängen des Partners.
Die Scheidentrockenheit ist häufig eine Begleiterkrankung. Ihre Prognose richtet sich im Allgemeinen nach der Prognose der zugrunde liegenden Erkrankung. Meist kann sie jedoch gut behandelt werden, und im Notfall kann auf Hilfsmittel zurückgegriffen werden.
Letzte Aktualisierung am 30.08.2021.