Eine Unfruchtbarkeit (Sterilität) im medizinischen Sinn besteht dann, wenn bei einem bestehenden Kinderwunsch und regelmäßigem ungeschützten Geschlechtsverkehr auch nach über einem Jahr noch keine Schwangerschaft eingetreten ist.
In den meisten Fällen, werden die Frauen im Laufe von zwei Jahren schwanger. Dies ist allerdings auch sehr stark vom Alter der Frau abhängig.
Weltweit leiden etwa 80 Millionen Paare unter einem unerfüllten Kinderwunsch. Nach aktuellen Schätzungen sind etwa 15 Prozent der deutschen Paare ungewollt kinderlos.
Man kann zwei Formen der Sterilität unterscheiden:
Im Deutschen wird auch noch der Begriff Infertilität im Zusammenhang mit einem unerfüllten Kinderwunsch verwendet. Eine Infertilität besteht dann, wenn eine Frau schwanger geworden ist, das Kind jedoch nicht lebend austragen konnte.
Bei einem unerfüllten Kinderwunsch sind es zunächst meist die Frauen, die einen Arzt aufsuchen und die Ursache ihrer Kinderlosigkeit abklären wollen. Es sollte aber, bevor bei den betroffenen Frauen aufwendige und belastende diagnostische Maßnahmen eingeleitet werden, auch beim Mann zumindest eine Fruchtbarkeitsuntersuchung stattgefunden haben.
Die Ursachen einer Sterilität können sehr vielfältig sein. Die Fruchtbarkeit nimmt bei jeder Frau mit zunehmendem Lebensalter ab. Zwischen dem 15. und 24. Lebensjahr ist eine Frau am fruchtbarsten, ab dann wird die Anzahl gesunder Eizellen in den Eierstöcken immer geringer. Die Fruchtbarkeit endet endgültig mit dem Eintritt in die Wechseljahre.
Vor allem die Zyklusstörungen zählen dazu. Diese können wiederum durch eine Vielzahl von Faktoren ausgelöst werden. Ein langfristiger Konsum von Alkohol, Nikotin oder Drogen können den Ablauf des weiblichen Zyklus auf negative Weise beeinflussen. Außerdem haben Raucherinnen und Drogenabhängige ein vielfach erhöhtes Risiko eine Fehl- oder gar Todgeburt zu erleiden.
Etwa 15 Prozent der Sterilitätsursachen liegt entweder eine tubare (vom Eileiter ausgehende) oder uterine (von der Gebärmutter ausgehende) Unfruchtbarkeit zugrunde.
Die Eileiter verbinden die Eierstöcke mit der Gebärmutter. Sie sind sehr dünn und leiten eine Eizelle, die noch im Eileiter befruchtet wird, zur Gebärmutter weiter. Sind die Eileiter in ihrer Beschaffenheit verändert, kann entweder keine Befruchtung stattfinden, oder die befruchtete Eizelle kann nicht zur Gebärmutter gelangen.
Tubare Ursachen einer Sterilität können eine Endometriose innerhalb der Eileiter (Tubarendometriose), eine Entzündung (Salpingitis) oder auch narbige Veränderungen der Eileiter sein, die durch eine Infektion entstanden sind.
Diese äußern sich meist durch ein Verkleben der Tuben (adhäsiver Tubenverschluss) nach Chlamydien-, Mykoplasmen-, Streptokokken- oder Gonokokken-Infektionen. Auch eine Störung der so genannten Fimbrien kann eine Unfruchtbarkeit zur Folge haben, da die Eizelle im Eileiter nicht mehr zur Gebärmutter transportiert werden kann.
Auch nach operativen Eingriffen, beispielsweise nach Blinddarmoperationen, können sich narbige Verklebungen der Eileiter bilden.
Des Weiteren ist auch eine intakte Tubenmuskulatur wichtig für die Entstehung einer Schwangerschaft. Ist die Peristaltik dieser Muskeln gestört, folgt daraus ebenfalls eine Transportstörung der Eizelle. Die Tubenmuskulatur kann ebenfalls durch eine Entzündung (Salpingitis) beschädigt werden.
Damit eine Schwangerschaft nach der Befruchtung der Eizelle fortbestehen kann, muss sich die Eizelle in einer gesunden Gebärmutterschleimhaut einnisten können. Wenn die Gebärmutterschleimhaut oder die Muskulatur der Gebärmutter nicht intakt sind, wird ein Einnisten der befruchteten Eizelle verhindert.
Zu diesen uterinen Ursachen einer Sterilität zählen unter Anderem angeborene Anomalien der Gebärmutter. Solche Fehlbildungen können unter Umständen das Austragen eines gesunden Kindes verhindern und zu Fehlgeburten führen.
Außerdem kann eine Schädigung des Uterus, beispielsweise nach einer Ausschabung (Abrasio) die betroffene Frau im schlimmsten Fall unfruchtbar machen. Meist sind Vernarbungen dann die Ursache der Sterilität. Die Gebärmutterschleimhaut kann wie die Eileiter auch durch Infektionen geschädigt werden.
Eine weitere uterine Ursache für eine Unfruchtbarkeit stellen Myome dar. Diese gutartigen Wucherungen können, besonders wenn sie an ungünstigen Stellen sitzen (submukös), die Fruchtbarkeit in hohem Maße negativ beeinflussen. Auch eine so genannte uterine Amenorrhoe kann die Entstehung einer Schwangerschaft verhindern.
Neben den uterinen und tubaren Auslösern einer Sterilität existieren auch vaginale Ursachen für die Entstehung einer Unfruchtbarkeit. Diese sind meist durch Infektionen im Bereich der Vagina bedingt, häufig spielt das Bakterium Trichomonas dabei eine entscheidende Rolle.
Des Weiteren können auch Störungen im Bereich des Gebärmutterhalses (Zervix) die Ursache einer ungewollten Kinderlosigkeit darstellen. Der Gebärmutterhals sondert den Zervixschleim ab, dessen Menge und Zusammensetzung sich im Verlauf des Zyklus verändert. Vor dem Eisprung wird der schleim durch den Einfluss von Hormonen klar und durchlässig für männliche Samenzellen.
Ist die Beschaffenheit des Zervixschleims verändert, können Spermien unter Umständen den Gebärmutterhals nicht passieren und somit die Eizelle im Eileiter nicht befruchten. Die Zusammensetzung des Zervixschleims kann beispielsweise durch hormonelle Störungen oder Entzündungen im Bereich des Gebärmutterhalses verändert sein.
Eine Vielzahl hormoneller Störungen oder Erkrankungen können dazu führen, dass ein bestehender Kinderwunsch unerfüllt bleibt. Hormone sind für die Steuerung des weiblichen Zyklusablaufs verantwortlich.
Die häufigsten sind Störungen der so genannten Hypothalamus-Hypophysen-Ovarien-Achse, in 50 bis 60 Prozent für eine Sterilität der Frau verantwortlich sind. Diese drei Zentren regulieren über die Ausschüttung von Hormonen den Ablauf des weiblichen Zyklus. Ist ein Teil dieses Regelkreises gestört, treten Zyklusstörungen auf und es kommt in Folge dessen häufig zum Ausbleiben einer Schwangerschaft.
Der Hypothalamus ist dabei die höchste Instanz. Er ist ein Teil des Mittelhirns und leitet Signale an die Hypophyse weiter. Diese funktioniert dann als eine Art Umschaltstation, die Impulse au dem Mittelhirn zum Organismus weiterleitet. Die Eierstöcke (Ovarien) empfangen dann die Informationen der Hypophyse über Hormone, die von der Hypophyse ausgeschüttet, die Ovarien auf dem Blutweg erreichen. In den Eierstöcken reifen dann die Eizellen in so genannten Follikeln heran.
Unter die hypothalamischen Ursachen fällt zunächst die hypothalamische Insuffiziens. Der Hypothalamus schüttet eine zu geringe Menge des Hormons GnRH aus. Dieses Hormon regt die Hypophyse zur Produktion weiterer Hormone an, die dann die Ovarien stimulieren. Wird zu wenig GnRH abgegeben, resultiert daraus also eine verminderte Reifung der Eizellen in den Ovarien und ein Kinderwunsch bleibt folglich unerfüllt.
Auch andauernder, Stress oder psychische Belastungssituationen können sich negativ auf den Hypothalamus auswirken. Daneben können Essstörungen wie eine Magersucht oder Bulimie sowie starke Gewichtsschwankungen eine verminderte Akitivität des Hypothalamus herbeiführen. Auch ein übertriebenes Muskeltraining kann den Hypothalamus hemmen.
Zu den hypophysären Ursachen der Sterilität zählt vor allem die so genannte Hyperprolaktinämie, also eine vermehrte Ausscheidung des Hormons Prolaktin durch die Hirnanhangdrüse. Eine Überproduktion von Prolaktin kann zu Störungen der Eireifung führen, was meist Zyklusstörungen mit sich bringt.
Die Zyklen können kürzer (Polymenorrhoe) oder länger sein (Oligomenorrhoe) als gewöhnlich. In seltenen Fällen kann die Menstruation auch gänzlich ausbleiben (Amenorrhoe).Dies kann durch die Einnahme bestimmte Medikamente, wie beispielsweise Antidepressiva, Phenothiazide, Cimetidin oder Metoclopramid, herbeigeführt werden. Auch bestimmte Hirntumoren, wie das Prolaktinom im Bereich der Hypophyse können zur vermehrten Ausscheidung von Prolaktin führen. Neben der Hyperprolaktinämie kann jedoch auch eine Hypophyseninsiffiziens (Sheehan-Syndrom) eine Sterilität verursachen.
Ovarielle Ursachen einer Sterilität können genetisch bedingt sein, oder auch durch Tumoren im Bereich der Eierstöcke oder eine Endometriose herbeigeführt werden. Auch das sogenannte Climakterium praecox, also ein verfrühtes Eintreten in die Wechseljahre, zählt zu den ovariellen Ursachen einer Sterilität.
Daneben kann natürlich auch im Bereich der Eierstöcke ein Hormonmangel auftreten, der die Fruchtbarkeit vermindert. Man spricht dann von einer Hypergonadotropen Ovarialinsuffizienz. In diesem Fall liegt eine Fehlfunktion der Eierstöcke vor und es wird eine zu geringe Menge des Hormons Östrogen gebildet.
Die Hypophyse reagiert auf diesen Mangel mit einer vermehrten Ausschüttung von Hormonen, die die Ovarien stimulieren (LH und FSH). Durch die hohe Konzentration von Hypothalamus-Hormonen bleibt die Regelblutung der Frau aus und es komm zur Unfruchtbarkeit. Eine Hypergonadotrope Ovarialinsuffizienz kann beispielsweise durch bestimmte Medikamente (Zytostatika) oder eine Strahlentherapie verursacht werden.
Ein gänzliches Ausbleiben des Eisprungs (fehlende Ovulation) und eine daraus resultierende Sterilität kann beispielsweise auch durch eine so genannte Gelbkörperschwäche (Corpus-Luteum-Insuffizienz) verursacht werden.
Der Gelbkörper ist die Hülle, die die Eizelle im Eierstock umgeben hat und die überbleibt, wenn der Eisprung erfolgt ist. Nach dem Eisprung produziert der Gelbkörper Hormone, das so genannte Progesteron. Dieses Hormon bereitet die Gebärmutterschleimhaut auf die Einnistung einer befruchteten Eizelle vor. Der Gelbkörper erhält also mit der Bildung von Progesteron eine Schwangerschaft aufrecht, bis der Mutterkuchen reif genug ist, diese Hormonproduktion zu übernehmen.
Falls keine Befruchtung der Eizelle nach dem Eisprung stattfindet, bildet sich der Gelbkörper zurück. Bei einer Gelbkörperinsuffizienz ist diese Gelbkörperphase, in der die Produktion von Progesteron stattfindet, zu kurz. Die Gebärmutter kann sich nicht auf eine Schwangerschaft vorbereiten und eine befruchtete Eizelle kann sich nicht einnisten. Eine Gelbkörperinsuffizienz kann durch die Messung der Basaltemperatur diagnostiziert werden.
Des Weiteren kann auch eine so genannte Hyperandrogenämie eine Sterilität verursachen. Androgene sind männliche Sexualhormone, die vor allem in den Hoden, in kleinen Mengen jedoch auch in den Eierstöcken und der Nebennierenrinde produziert werden. Liegt ein Überangebot von Androgenen vor, wird die Hypophyse zur Ausschüttung von LH und FSH stimuliert. Die führt zu Reifungsstörungen im Bereich der Eierstöcke und der Eisprung bleibt im schlimmsten Falle ganz aus.
Neben diesen Störungen in den für den Zyklus verantwortlichen Regulationszentren können auch Erkrankungen außerhalb dieses Regelkreises zum Auftreten einer Unfruchtbarkeit führen (extragenitale Ursachen).
Zu diesen zählen beispielsweise Schilddrüsenüber- oder unterfunktionen, Störungen im Bereich der Nebennierenrinde oder ein Diabetes mellitus. Aber auch ein zu hoher Alkohol oder Nikotinkonsum kann sich so negativ auf den Hormonhaushalt auswirken, dass Fruchtbarkeitsstörungen die Folge sind.
In vielen Fällen ist eine Kinderlosigkeit mit medizinischen Fakten allein nicht zu erklären. Häufig spielen psychische Einflüsse und belastende Lebensumstände eine entscheidende Rolle für die Entstehung einer Sterilität. Vielen Paaren mit Kinderwunsch kann allein durch eine Psychotherapie bereits geholfen werden.
Psychischer Stress kann sich durch vielfältige körperliche Symptome äußern, die sich auch auf das Sexualverhalten und den weiblichen Zyklus niederschlagen können. Beispiele für solche psychosomatischen Störungen sind:
Als Vaginismus wird ein Scheidenkrampf bezeichnet, bei dem sich der Beckenboden sowie das äußere Drittel der Vaginalmuskulatur schmerzhaft zusammenziehen und verkrampfen. Diese schmerzhaften Krämpfe treten meist beim Versuch Geschlechtsverkehr zu haben auf. Der vaginale Geschlechtsverkehr wird somit für die betroffenen Frauen als sehr schmerzhaft empfunden, was die Zeugung eines Kindes meist erschwert oder gar unmöglich macht.
Es können zwei Arten von Vaginismus unterschieden werden: Ein Primärer Vaginismus besteht, wenn eine Frau schon während der Pubertät Schwierigkeiten hatte, einen Tampon einzuführen oder sich gynäkologisch untersuchen zu lassen. Unter sekundärem Vaginismus leiden Frauen, die erst nach einer Operation oder nach einer Geburt unter dem schmerzhaften Scheidenkrampf leiden. Vaginismus gehört zu den sexuellen Funktionsstörungen, genauer gesagt, zu Schmerzstörungen.
Er ist oft organisch mitbedingt, kann aber auch rein psychisch bedingt sein. Mögliche Therapien sind ein Training mit so genannten Vaginaldilatoren (Gerät zur Desensibilisierung, also zum Gewöhnen an das Einführen in die Scheide), Biofeedback und Beckenbodentraining.
Auch Partnerschaftsprobleme können einen immensen psychischen Stress bei den Betroffenen auslösen. Dieser kann sich so gravierend auf die Sexualität und den Hormonhaushalt auswirken, dass ein bestehender Kinderwunsch über lange Zeit unerfüllt bleibt. Dies ist auch bei sozialen Konfliktsituationen der Fall.
Bis zu sechs Prozent der Fälle ungewollter Kinderlosigkeit sind durch Essstörungen verursacht. Sowohl starkes Übergewicht als auch Untergewicht können der Auslöser einer Sterilität sein, da der Körperfettanteil einen starken Einfluss auf die Hormonproduktion ausübt. Ein frühzeitiges Vorbeugen von Essstörungen wie Bulimie, Magersucht und auch Adipositas (Fettsucht) können die Entstehung einer Sterilität unter Umständen verhindern.
Letzte Aktualisierung am 07.10.2021.