Ungewollte Kinderlosigkeit ist ein verbreitetes Problem, unter dem weltweit etwa 80 Millionen Paare leiden. In Deutschland bleibt bei etwa 15 Prozent der Paare ein bestehender Kinderwunsch unerfüllt.
Bleibt ein Paar trotz ungeschütztem Geschlechtsverkehr über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr kinderlos, wird im medizinischen Sinne von Sterilität gesprochen. In etwa 30 bis 40 Prozent dieser Fälle liegt die Ursache beim Mann. Deshalb sollte der Mann auch möglichst früh in die Behandlung der Unfruchtbarkeit miteinbezogen werden.
Bei der Sterilität eines Mannes besteht das wesentliche Problem darin, dass seine Zeugungsfähigkeit eingeschränkt ist. Wenn der Kinderwunsch stark ausgeprägt ist, leiden die betroffenen Männer mit der Zeit häufig an Selbstzweifeln und Minderwertigkeitsgefühlen.
Häufig besteht nur eine eingeschränkte Fruchtbarkeit, die sehr vielfältige Ursachen haben kann. Störungen, die zu einer eingeschränkten Unfruchtbarkeit führen, können sowohl angeboren als auch erworben sein.
Es können auch weitere Symptome abhängig von der zugrunde liegenden Ursache auftreten.
Besteht beispielsweise bereits vor der Pubertät ein Mangel an männlichen Sexualhormonen, können veränderte Körperproportionen (eunuchoider Hochwuchs) auf diesen Hormonmangel hinweisen. Die betroffenen Männer sind sehr groß. Arme und Beine sind lang, der Rumpf verhältnismäßig kurz. Hoden und Penis bleiben klein und der Bart wächst meist nur spärlich. Darüber hinaus findet kein Stimmbruch statt.
Entsteht der Mangel an männlichen Sexualhormonen erst nach der Pubertät, sind die Körperproportionen hingegen unauffällig. Die betroffenen Männer können sich aber in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt fühlen. Der Bartwuchs lässt nach, sodass sie sich nicht mehr so oft rasieren müssen wie gewöhnlich. Außerdem gehen Libido und Potenz zurück. Das Körperfett verteilt sich, ähnlich der weiblichen Körperfettverteilung, eher auf Hüften und Unterbauch.
In etwa 50 Prozent der Fälle kann die Ursache für die Zeugungsunfähigkeit des Mannes jedoch nicht gefunden werden.
Die Ursachen einer Zeugungsunfähigkeit können sehr vielfältig sein. In vielen Fällen sind organische Störungen der Grund, die meist die Hoden betreffen. Ein gesunder Hoden produziert Spermienflüssigkeit, die etwa 20 Millionen Spermien pro Milliliter enthält.
Mindestens 30 Prozent dieser Samenzellen sollten normal geformt und mindestens 50 Prozent gut beweglich sein um ein Kind zeugen zu können.
Solche organischen Ursachen können:
Des Weiteren kann eine Störung der Samenwege die männliche Zeugungsfähigkeit einschränken. Die betroffenen Männer bilden in diesem Fall zwar ausreichend intakte Spermien, der Weg vom Hoden durch die Samenleiter ist jedoch nicht durchgängig.
Mögliche Ursachen einer solchen Blockierung der Samenwege sind:
Eine Sterilität kann in seltenen Fällen auch immunologische Ursachen haben.
Spermien entwickeln sich unter dem Einfluss von Hormonen, wie beispielsweise dem männlichen Sexualhormon Testosteron. Ein Testosteronmangel führt zu einer verminderten Spermienanzahl in der Samenflüssigkeit.
Dieser Hormonmangel kann auch genetisch bedingt sein: Erbkrankheiten wie beispielsweise das Klinefelter-Syndrom führen bei den betroffenen Männern meist zu einer Unfruchtbarkeit. Beim Klinefelder- Syndrom besitzt der Mann statt einem zwei X-Chromosomen. Dadurch werden unter anderem nicht genügend Männliche Hormone, wie Testosteron, ausgeschüttet.
Auch die so genannte Hyperprolaktinämie, also ein Überschuss des Hormons Prolaktin im Blut, kann eine Sterilität verursachen. Dieser Überschuss wird häufig durch ein Prolaktinom, ein hormonproduzierender Tumor der Hirnanhangdrüse, ausgelöst. Neben einer Zeugungsunfähigkeit leiden die von einer Hyperprolaktinämie betroffenen Männer meist auch unter Libidoverlust und sexueller Impotenz.
Der Bartwuchs lässt nach und die Intimbehaarung wird spärlicher. Männer sind jedoch wesentlich seltener von einer Hyperprolaktinämie betroffen als Frauen.
Psychischer Stress, Versagensängste oder Beziehungsprobleme wirken sich sehr stark auf die Entstehung einer Schwangerschaft aus. Bei Männern machen sich solche psychischen Probleme meist in Form von Erektionsstörungen bemerkbar.
Der Penis wird dann nicht ausreichend steif und kann nicht in die Frau eindringen, oder er erschlafft in der Scheide noch vor der Ejakulation.
In etwa 15 Prozent aller Fälle einer Sterilität kann keine Ursache für eine Sterilität des Paares gefunden werden. Dies wird dann als idiopathische Sterilität bezeichnet.
Die Basis in der Sterilitätstherapie des Mannes bildet zunächst eine Untersuchung der Spermien, das so genannte Spermiogramm. Außerdem wird, wie bei der Frau, auch beim Mann die Funktion des Hormonhaushalts überprüft. In einigen Fällen und bei aussagekräftigen Untersuchungsergebnissen kann die Sterilität des Mannes ursächlich behandelt werden.
Bei einem Testosteronmangel beispielsweise unterziehen sich die betroffenen Männer meist einer Hormontherapie mit Testosteron. Je nach Ursache des Testosteronmangels kommen unter Umständen auch weitere Hormone zum Einsatz. Bakterielle Infektionen im Genitalbereich beispielsweise durch Chlamydien erfordern in der Regel eine Behandlung mit Antibiotika.
Liegen in der Samenflüssigkeit Antikörper gegen Spermien vor, profitieren einige Männer von der Einnahme von Kortikosteroiden, die das körpereigene Immunsystem unterdrücken. Die retrograde Ejakulation bei vorliegendem Diabetes mellitus kann mit so genannten Sympathikomimetika behandelt werden. Sie sorgen für einen festeren Verschluss des Harnblasenausgangs, sodass das Ejakulat nicht mehr in die Harnblase, sondern wieder nach außen abfließen kann. Entsteht nach einer Sterilisation überraschend wieder ein Kinderwunsch, gibt es die Möglichkeit, die ursprünglich durchtrennten Samenleiter mikrochirurgisch wieder zu verbinden.
Lässt sich die Sterilität des Mannes nicht ursächlich behandeln, stehen verschiedene Verfahren der künstlichen Befruchtung zur Verfügung, um die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft zu erhöhen. Bei der so genannten Insemination (Samenübertragung) werden durch Masturbation gewonnene Spermien speziell aufbereitet und direkt in Gebärmutter oder Eileiter übertragen.
So wird beispielsweise eingeschränkt beweglichen Spermien der Weg zur Eizelle weitestgehend erspart. Bei der In-vitro-Fertilisation (IVF) werden der Frau Eizellen entnommen und außerhalb des Körpers mit Spermien des Partners zusammengeführt. Wurden die Eizellen befruchtet, setzt sie der Arzt in die Gebärmutter ein. Die intrazytoplasmatische Spermatozoeninjektion (ICSI) benötigt nur ein einzelnes Spermium, welches mit einer winzigen Nadel direkt in eine entnommene Eizelle eingespritzt wird.
Die befruchtete Eizelle wird schließlich wie bei der IVF in die Gebärmutter eingebracht. Enthält die Samenflüssigkeit des Mannes beispielsweise bei verschlossenen Samenleitern keine Spermien (Azoospermie), gibt es die Möglichkeit, sie direkt aus dem Hoden oder Nebenhoden über einen kleinen Eingriff in örtlicher Betäubung zu entnehmen.
Bei länger anhaltender Sterilität des Mannes nehmen die Chancen mehr und mehr ab, sie erfolgreich behandeln zu können. Nach Ablauf von zwölf Monaten sollte das Paar daher bereits den Rat eines Arztes einholen.
Nach einer Sterilitätsbehandlung tritt in bis zu 20 Prozent eine Schwangerschaft ein. Da es allerdings nach einer Sterilitätsbehandlung vermehrt zu Fehl- und Frühgeburten kommen kann, können sich nur etwa zehn Prozent der Paare so glücklich schätzen, letztendlich auch Eltern zu werden. Mehrlingsschwangerschaften kommen nach Sterilitätsbehandlungen häufiger vor. Auch nach einer Sterilisation des Mannes können die Samenleiter in etwa 85 Prozent wieder erfolgreich verbunden werden.
In gut 45 Prozent der Fälle gelingt es dem Mann im Anschluss, ein Kind zu zeugen. Männer mit Zeugungsproblemen entwickeln in etwa 0,5 Prozent der Fälle Hodentumoren. Der Ultraschall-Untersuchung kommt daher eine besondere Bedeutung zu.
Angeborenen Ursachen einer Sterilität des Mannes kann nicht vorgebeugt werden. Ansonsten kann das Paar durch eine gesunde Lebensweise ohne übermäßiges Rauchen, Alkohol, Drogen oder Stress und durch eine vertrauensvolle Partnerschaft das Risiko einer Sterilität mindern. Eine Sterilisation sollte der Mann im Vorfeld immer gut durchdenken.
Vor sexuell übertragbaren Erkrankungen wie Chlamydien-Infektionen, die zu einer Unfruchtbarkeit führen können, kann sich der Mann durch Kondome schützen.
Letzte Aktualisierung am 03.09.2021.