Eine Sterilität des Mannes wird auch als Zeugungsunfähigkeit bezeichnet. Diese liegt dann vor, wenn innerhalb eines Jahres trotz regelmäßigem ungeschützten Geschlechtsverkehr keine Schwangerschaft herbeigeführt werden konnte.
Die Aktivität der menschlichen Keimdrüsen, bei der Frau sind das die Eierstöcke, beim Mann die Hoden, wird von Hormonen gesteuert. Im Wesentlichen sind dies FSH und LH. Diese Hormone werden von der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse)und bei der Frau in den Eierstöcken gebildet und in die Blutbahn abgegeben.
Wenn die Frau geschlechtsreif wird, also ihre erste Monatsblutung hat, reifen in den Eierstöcken pro Zyklus mehrere Eizellen heran. Von diesen Eizellen kommt meist nur eine einzige voll zur Ausreifung. Etwa in der Mitte des Zyklus kommt es zum Eisprung. Die befruchtungsfähige Eizelle wird von einem der beiden Eileiter aufgenommen und wandert zur Gebärmutter. Wenn sich nach einem Geschlechtsverkehr befruchtungsfähige Samenfäden im Eileiter befinden, kann jetzt eine Befruchtung stattfinden.
Die Samenzellbildung in den Hoden ist im Vergleich zur Frau keinem zyklischen Ablauf unterworfen. Die Samenzellen und damit die Spermien werden kontinuierlich und möglicherweise sogar bis ins hohe Alter gebildet. Auch bei diesem Vorgang sind es wieder Hormone der Hirnanhangsdrüse, also FSH und LH , die die Samenzellbildung beeinflussen. Jedoch gibt es beim Mann nicht diesen engen Zusammenhang zwischen Keimzellreifung und Hormonbildung wie bei der Frau. Andererseits ist das samenzell-bildende Gewebe empfindlicher. Wenn es beispielsweise durch eine schwere Entzündung einmal geschädigt wurde, erholt es sich häufig nicht mehr oder nur unzureichend.
Um eine Schwangerschaft herbeizuführen, ist jedoch nicht nur das richtige Funktionieren der Hormonbildung entscheidend. Auch die Geschlechtsorgane müssen richtig angelegt sein und es dürfen keine Funktionseinschränkungen, wie zum Beispiel durch Entzündungen verklebte Ei- oder Samenleiter vorliegen.
Zunächst befragt der Arzt das betroffene Paar ausführlich zur Krankheitsgeschichte und den aktuellen Beschwerden (Anamnese). Das Gespräch berührt dabei unter anderem auch sehr intime Themen, wie mögliche Geschlechtskrankheiten oder die Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs.
Auch die Lebensumstände, wie Stress, und Lebensgewohnheiten, wie Rauchen oder Alkoholkonsum, werden mit einbezogen, um die Ursache einer Sterilität eingrenzen zu können. Der Mann begibt sich im weiteren Verlauf der Untersuchungen meist in die Hände eines Urologen oder spezialisierten Internisten.
Verschiedene Untersuchungen können Aufschluss über die Ursache der Zeugungsunfähigkeit geben.
Die wichtigsten Möglichkeiten in diesem Bereich sind:
Bei der körperlichen Untersuchung achtet der Arzt insbesondere auf Anzeichen hormoneller Störungen. Zusätzlich werden die Geschlechtsteile abgetastet. Die Größe (Volumen) der Hoden wird mithilfe einer Ultraschall-Untersuchung bestimmt. Zu kleine Hoden können eine gestörte Spermienentwicklung andeuten. Zusätzlich kann der Ultraschall beispielsweise Hinweise auf entzündliche Veränderungen, Hodentumoren oder eine Varikozele liefern.
Dabei wird die Samenflüssigkeit untersucht. Hierzu masturbiert der Mann nach etwa drei bis fünf enthaltsamen Tagen Samenflüssigkeit in ein steriles Gefäß, das innerhalb von einer Stunde in ein Labor oder eine entsprechende Praxis gebracht werden muss. Unter dem Mikroskop wird dann die Samenflüssigkeit auf die Anzahl der Spermien, deren Gestalt und die Beweglichkeit hin untersucht.
Sind alle drei dieser Kriterien eingeschränkt, spricht man von einer Oligo-Astheno-Teratozoospermie (OAT-Syndrom), das heißt die Anzahl der Spermien ist vermindert (Oligo-), sie bewegen sich nicht ausreichend (Astheno-) und die Spermien zeigen Fehlbildungen (Terato-). Für eine erfolgreiche Befruchtung einer Eizelle ist vor allem die Beweglichkeit der Spermien maßgeblich.
Finden sich bei der Untersuchung der Samenflüssigkeit nur vereinzelt Spermien (Kryptozoospermie) oder gar keine Spermien (Azoospermie), kann auch eine so genannte retrograde Ejakulation die Ursache darstellen. Hier entleert sich die Samenflüssigkeit bei der Ejakulation nicht nach außen, sondern in die Harnblase.
Da die Qualität der Samenflüssigkeit starken Schwankungen unterliegt, werden in der Regel zwei Spermiogramme im Abstand von etwa zwei bis drei Wochen durchgeführt.
Fällt die Analyse der Spermien gut aus, wird zur weiteren Diagnostik eine Blutuntersuchung beim Mann durchgeführt. Dabei werden vor allem Hormonkonzentrationen im Blut bestimmt. Dabei sind vor allem die Hormone FSH oder Prolaktin sowie Testosteron entscheidend. Unter Umständen sind dann noch weitergehende Untersuchungen beispielsweise mit dem
MRT oder Chromosomenanalysen notwendig.
Bei einem sehr eingeschränkten Spermiogramm hingegen, kann durch eine Probeentnahme aus dem Hoden (Hodenbiopsie) festgestellt werden, ob überhaupt Spermien produziert werden. Bei etwa 5 bis 25 Prozent der Männer, die sich einer Sterilitätsdiagnostik unterziehen, wird eine Hodenbiopsie durchgeführt. Sie wird jedoch immer vorgenommen, wenn eine Rekonstruktion der Samenwege, beispielsweise nach einer Sterilisation, erfolgen soll.
Mit dieser Methode kann unter anderem beurteilt werden, wie groß die samenbildende Schicht im Hoden tatsächlich ist, in welchen Entwicklungsstufen die Spermien im Hoden vorliegen und ob Infektionen im Bereich des Hodens diesen eventuell beeinträchtigt haben.
Eine weitere diagnostische Möglichkeit ist eine genetische Untersuchung (Karyogramm), bei der anhand einer Blutuntersuchung geprüft wird, ob genetische Abweichungen vorliegen. Viele Experten sprechen sich für die Anfertigung von Karyogrammen bei allen Paaren aus, die sich einer künstlichen Befruchtung unterziehen wollen.
Vor der Durchführung eines Spermiogramms ist es notwendig, dass der Mann etwa zwei bis drei Tage vor der Untersuchung enthaltsam bleibt. So kann für den Untersuchungstermin meist eine genügend große Anzahl an Spermien abgegeben werden.
Ein Spermiogramm kostet in der Regel etwa 30 bis 60 Euro. Wird die Untersuchung im Rahmen einer künstlichen Befruchtung durchgeführt, übernimmt die Krankenkasse meist die Hälfte der Kosten. Ein diagnostisches Spermiogramm beim Urologen kostet den Patienten im Normalfall nichts extra.
Ein Karyogramm wird von den Kassen meist nur dann gezahlt, wenn gleich beim ersten Termin in einem Kinderwunschzentrum eine solche Untersuchung veranlasst wird. Spätere Tests werden in der Regel nicht übernommen. Die Kosten belaufen sich auf etwa 220 bis 400 Euro.
Die Untersuchungen, die zur Sterilitätsdiagnostik des Mannes eingesetzt werden, sind in der Regel nicht invasiv. Das heißt es werden keine operativen Eingriffe am Körper vorgenommen und keine Geräte in den Körper eingeführt. Somit sind auch kaum Komplikationen bekannt, die im Rahmen dieser Untersuchungen auftreten.
Eine Ausnahme bildet die Hodenbiopsie. Dabei wird ein etwa zwei bis drei mm großes Stück Hodengewebe entnommen und unter dem Mikroskop untersucht.
Bei diesem Eingriff kommt es in etwa 40 Prozent der Fälle zu einem vorübergehenden Abfall der Spermienproduktion. Nach etwa vier bis fünf Monaten wird bei den Betroffenen jedoch in der Regel der Ausgangswert der Spermienzahl wieder erreicht.
Letzte Aktualisierung am 07.10.2021.