Eine Wochenbettpsychose (postpartale Psychose, Gestationspsychose) betrifft etwa ein bis zwei von 1000 Müttern. Bei dieser Erkrankung entwickeln die Betroffenen meist im Verlauf der ersten drei Wochen nach der Geburt eine psychotische Störung.
Erkrankte Frauen sind häufig bereits mit psychiatrischen Erkrankungen vorbelastet, besonders manisch-depressive Episoden sind nicht selten in der Vorgeschichte betroffener Mütter zu finden.
Das Selbstmordrisiko und ein Schädigungsrisiko für das Kind sind sehr hoch.
Warum genau postpartale Psychosen auftreten ist noch umstritten. Es wird vermutet, dass vor allem hormonelle Veränderungen, wie der Konzentrationsabfall von Östrogen und Progesteron im mütterlichen Blutkreislauf, als Auslöser der Depression in Frage kommen.
Daneben spielen wahrscheinlich auch soziale und psychische Faktoren, wie die Einstellung zum Kind und zum Partner, eine wichtige Rolle. Traten in der Vorgeschichte der Betroffenen bereits psychische Erkrankungen auf, ist die Gefahr eine postpartale Psychose zu erleiden stark erhöht.
Auch eine familiäre Belastung, ist ein Risikofaktor für eine Wochenbettpsychose. Haben nahe Verwandte bereits manisch-depressive oder psychotische Episoden durchgemacht besteht eine erhöhte Gefahr für eine junge Mutter, nach der Geburt eine Psychose zu entwickeln.
Des Weiteren können eine Traumatisierung durch die Geburt oder einen Kaiserschnitt, sowie eine soziale Notlage oder Stress das Risiko für eine Wochenbettpsychose erhöhen.
Mütter, die nach der Geburt an einer Wochenbettpsychose erkranken, leiden oft unter folgenden Krankheitssymptomen:
Daneben sind Wahnvorstellungen und motorische Unruhe häufig vorkommende Begleitsymptome. Auch schizophrene Episoden sind nicht selten, wobei häufig das Persönlichkeitsbild der Betroffenen gänzlich verändert erscheint.
Die Frauen verlieren oft den Bezug zur Wirklichkeit oder entwickeln eine verzerrte Wahrnehmung der Realität. Außerdem sind an die Betroffenen stark suizidgefährdet und haben zum Teil den Wunsch, dem eigenen Kind zu schaden.
Bei schweren Fällen der Wochenbettpsychose kann es im Extremfall sogar zu Kindstötungen kommen. Diese schwerwiegende Komplikation kommt bei bis zu vier Prozent der Betroffenen einer Wochenbettpsychose vor.
Die diagnostischen Maßnahmen bei Wochenbettpsychosen entsprechen der Vorgehensweise bei psychotischen Störungen.
In jedem Fall sollte ausgeschlossen werden, das die Psychose eine Folge von Drogenkonsum ist. Deshalb wird in der Regel Blut entnommen und im Labor auf Drogenrückstände, aber auch Entzündungsmarker und erhöhte Leberwerte untersucht.
Um eine Wochenbettpsychose sicher zu diagnostizieren, müssen bei der Betroffenen typische Symptome wie Wahnvorstellungen und Halluzinationen über mindestens einen Monat bestehen bleiben.
Im Falle einer Wochenbettpsychose muss der behandelnde Arzt eine gründliche körperliche und neurologische Untersuchung durchführen, um sicher zu gehen, das keine körperliche Erkrankung die psychotischen Symptome ausgelöst hat.
Entzündungen, Krebsleiden, Schizophrenie, Persönlichkeitsstörungen sowie Zwangs- und Angststörungen sind Erkrankungen, die in der Lage sind, psychotische Symptome zu verursachen.
Außerdem sollte die postpartale Psychose nicht mit dem sogenannten "Baby-Blues" verwechselt werden. Dieser „Baby Blues" (Heultage) tritt meist direkt nach der Geburt auf. Hier liegt jedoch keine Erkrankung im engeren Sinne vor. Diese Art des Stimmungstiefs dauert meist nur wenige Stunden bis einige Tage an und betrifft 35 bis 75 Prozent aller jungen Mütter.
Der typische „Baby-Blues" ist durch Traurigkeit, häufiges Weinen, Müdigkeit und Erschöpfung sowie Schlaflosigkeit, Ängstlichkeit und Reizbarkeit gekennzeichnet. Eine Therapie ist dabei nicht notwendig, oft sind aber unterstützende Gespräche für die Mutter sehr hilfreich und tröstend.
Frauen, die an einer Wochenbettpsychose erkrankt sind, sollten medikamentös behandelt werden. Dazu werden meist Beruhigungs- oder Schlafmittel eingesetzt. Die Therapie ähnelt dabei der einer mittelschweren bis schweren Depression.
Auch die Verwendung von Psychopharmaka oder Antidepressiva kann die Symptome einer postpartalen Psychose bessern.
Eine hormonelle Behandlung mit Östrogenen hat sich im Einzelfall ebenfalls als hilfreich und wirksam erwiesen.
Je nachdem, welche Substanz zur Therapie der Wochenbettpsychose verwendet wird, muss unter Umständen vorher abgestillt werden.
Bei schweren Verläufen den postpartalen Psychose kann auch ein stationärer Aufenthalt notwendig werden. Bei der stationären Aufnahme sollte jedoch darauf geachtet werden, Mutter und Kind nicht zu trennen, sondern vielmehr eine gemeinsame Therapie zu planen.
In England hat diese gemeinsame Behandlung gute Erfolge gezeigt, da so eine Beziehungsstörung zwischen Mutter und Kind aufgearbeitet werden kann. In vielen Fällen geht daraufhin auch die Psychose der Mutter zurück.
Bei einer konsequenten und rechtzeitigen Behandlung der Wochenbettpsychose ist die Prognose der Erkrankung meist günstig. Die psychotischen Symptome bilden sich meist wieder vollständig zurück.
Die Rückfallrate bei weiteren Schwangerschaften ist jedoch sehr hoch, weshalb den Betroffenen meist davon abgeraten wird, erneut schwanger zu werden.
Letzte Aktualisierung am 16.07.2021.