Häufig handelt es sich bei einem Wirbelbruch um die Folge eines Unfalls (traumatischer Wirbelkörperbruch) oder um die Folge eines Osteoporose bedingten Prozesses.
Die Wirbelsäule besteht aus sieben Halswirbeln, zwölf Brustwirbeln, fünf Lendenwirbeln und dem Kreuzbein, welches aus fünf Kreuzbeinwirbeln besteht, die jedoch miteinander verschmolzen sind. Am Ende liegt noch das Steißbein, welches ursprünglich aus drei bis vier Wirbeln entstanden und nur noch rudimentär vorhanden ist. Jeder Wirbel besteht aus einem Wirbelkörper, der nach hinten in einen Dornfortsatz und an den Seiten in zwei flügelartige Querfortsätze ausläuft. Zwischen den Wirbelkörpern liegen die Bandscheiben.
Die Wirbelsäule bildet im Ganzen ein funktionelles System mit statischen und dynamischen Elementen, da außerdem zwischen den Wirbelbögen Bandverbindungen und Muskeln verlaufen, die sie zusätzlich stabilisieren. Die Wirbelbögen bilden außerdem einen Kanal, den so genannten Spinalkanal, in dem das Rückenmark verläuft. Das Rückenmark gibt Nervenäste ab, die zwischen den Querfortsätzen verlaufen.
Man sollte generell zwei Arten von Wirbelbrüchen unterscheiden. Zum einen, den durch ein adäquates Trauma beim jüngeren Menschen entstandenen Wirbelbruch. Hier zerbirst der gesunde Knochen des Wirbels. Zudem ist meist noch der Wirbelkanal mitbetroffen, so dass in diesem Fall ein Querschnittssyndrom droht. Auf der anderen Seite steht der Wirbelbruch beim älteren Menschen. Hier zerbröckelt eher der osteoporotische Knochen, als dass er birst.
In der Medizin spricht man hier auch von einem „nichtadäquaten Trauma", der beispielswiese schon beim Anheben einer Einkaufstüte entstehen kann. Bei diesen Verletzungen handelt es sich häufig um einen Sinterungsbruch, hier steht das Risiko des Querschnittssyndroms nicht im Vordergrund.
Demnach sieht das Vorgehen bei der Behandlung auch unterschiedlich aus.
Beim jüngeren Menschen wird die Verletzung eher ruhiggestellt oder eventuell auch operativ stabilisiert, um dem möglichen Querschnittssyndrom entgegen zu wirken. Beim älteren Menschen steht eine frühzeitige Remobilisation im Vordergrund, um keinen weiteren Verlust an Knochenmasse zu verursachen. Man unterscheidet verschiedene Formen von Wirbelbrüchen: Sie können den Dornfortsatz, den Wirbelkörper oder den Wirbelbogen betreffen.
So lassen sich Wirbelkörperbrüche aufgrund ihres Entstehungsmechanismus und des Erscheinungsbildes im Röntgen- bzw. CT-Bild in bestimmte Gruppen einteilen, welches auch als ABC-Klassifikation bezeichnet wird.
Die Wirbelsäulenverletzungen werden demnach unterteilt nach der Art der Entstehung durch Kompression (A), Beugung-Überstreckung (B) und Verdrehung (C). Zudem kann man den Grad der Einengung im Rückenmark bestimmen. Die Brüche der Dorn - und Querfortsätze werden nicht in die Klassifikation aufgenommen.
Sie entstehen durch das Zusammenstauchen der Wirbelkörper, so dass es zu einem mehr oder weniger ausgeprägten Bruch des Wirbelkörpers kommt. Bei einem Kompressionsbruch können sich die Bruchstücke der Knochen miteinander verkeilen und sind nicht mehr verschieblich. Solche Brüche werden auch als stabil bezeichnet. Die Stabilität ist abhängig vom Ausmaß des Bruchs. Der Wirbelkörper kann bei einem einfachen Spalt- oder Impressionsbruch noch drei Viertel der normalen Last tragen. Ist jedoch der Wirbelkörper um mehr als die Hälfte eingebrochen und ist zudem die Hinterkante betroffen, so liegt eine eindeutige Instabilität vor.
Bei einem instabilen Bruch ist das Rückenmark durch verschobene Knochenbruchstücke gefährdet. Solche Verletzungen findet man vor allem an der unteren Brust- und der Lendenwirbelsäule.
In Deutschland erleiden jährlich etwa 40.000 Menschen eine Kompressionsfraktur.
Diese Verletzungen entstehen in der Regel durch einen Beugungs- oder Überstreckungsmechanismus und führen meist zu einer Verletzung des vorderen oder hinteren Bandapparats und der Bandscheiben. Eine knöcherne Beteiligung kommt selten vor. Möglich ist eine Verschiebung der Wirbelkörper gegeneinander, wobei meist der oben liegende nach vorne gleitet, welches vom Arzt als Zeichen einer erheblichen Instabilität gedeutet wird. Typ B Verletzungen kommen vor allem im Bereich der Halswirbelsäule vor.
Diese Verletzungen entstehen in den meisten Fällen durch Zusammenwirken von Rotation, Kompression und Beugung/Überstreckung. Durch die Beteiligung der hinteren und vorderen Säule liegen komplexe Verletzungsmuster vor. Im Röntgenbild wird der verdrehte Wirbelkörper sichtbar. Da hier eine kombinierte Band- und Knochenverletzung vorliegt, besteht eine erhebliche Instabilität.
Aufgrund der besonderen Anatomie der Halswirbelsäule werden die Brüche an der oberen Halswirbelsäule anders eingeteilt. So unterscheidet man hier Brüche am Kopf-Hals-Übergang, am ringförmig aussehenden ersten Halswirbelkörper sowie am Zahnfortsatz und Wirbelbogen des zweiten Halswirbelkörpers. Brüche in diesem Bereich sind sehr gefährlich und gehen mit einem hohen Risiko für eine Schädigung des Rückenmarks einher.
Frakturen der Wirbel machen etwa zwei Prozent aller Knochenbrüche aus, wobei die Hälfte aller Wirbelbrüche auf den Übergang zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule (zehnter Brustwirbelkörper bis zweiter Lendenwirbelkörper) entfallen.
Bei 40 Prozent der Halswirbelsäulen- und bei 20 Prozent der Brust- und Lendenwirbelsäulenverletzungen kommen neurologische Begleitverletzungen vor. Aufgrund der Unfallmechanismen treten vor allem bei jüngeren Männern Querschnittslähmungen auf.
Männer sind zweieinhalb Mal häufiger von einer Wirbelsäulenverletzung betroffen wie Frauen. Ausnahme sind die osteoporotisch bedingten Wirbelkörperfrakturen. Sie kommen bei Frauen häufiger vor.
In Deutschland lässt sich die Hälfte aller Wirbelsäulenverletzungen auf Unfälle im Straßenverkehr zurückführen. Ein Viertel entsteht durch sportliche Aktivität wie Reiten oder Skifahren und der Rest durch Stürze, Haushalts- und Arbeitsunfälle, sowie direkte Traumata.
Voraussetzung ist die Einwirkung großer Kräfte, oder aber die Vorschädigung durch andere Erkrankungen, z.B. Tumormetastasen. Ist der Wirbelknochen bereits vorgeschädigt, so reichen schon Alltagsbelastungen aus, um die Brüche auszulösen. Die Belastbarkeit des Knochens wird durch die zugrunde liegende Erkrankung erheblich geschwächt.
Zu den häufigsten Ursachen von Wirbelbrüchen gehören:
Bei 20 Prozent der Patienten sind zwei oder mehr Wirbelkörper betroffen.
Je nach Lokalisation der Fraktur können folgende Beschwerden vorkommen:
Bei einer Verletzung des Rückenmarks treten unterhalb der Verletzung entsprechende Störungen oder neurologische Ausfälle auf. Hier können die typischen Symptome einer Querschnittslähmung auftreten:
Stabile Verletzungen gehen gelegentlich auch völlig ohne Beschwerden einher.
Die Schilderung über Symptome, Verletzungsmuster und Unfallhergang führen meist zur Verdachtsdiagnose einer Wirbelkörperverletzung. Als nächstes erfolgt die körperliche Untersuchung des Patienten.
Hierbei lassen sich fast ausnahmslos Druck- und Klopfschmerzen über einem Wirbelkörperbruch auslösen. Die Überprüfung der Wirbelsäulenbeweglichkeit sollte erst einmal nicht erfolgen, da bei instabilen Frakturen dadurch eine Fragmentverschiebung provoziert werden kann. Im Anschluss erfolgt noch die Untersuchung der Nervenfunktionen (Bewegung, Gefühl und Organfunktionen).
Der körperlichen Untersuchung folgt die apparative Diagnostik. Diese besteht im wesentlichen aus:
Die Indikation für die Wirbelsäulenaufnahmen sollten großzügig gestellt werden, um möglichst viele Wirbelkörperabschnitte zu röntgen. Vor allem bei beträchtlichen Gewalteinwirkungen wie Verkehrsunfällen, empfiehlt sich die komplette Wirbelsäule röntgenologisch zu untersuchen, um ja keine Fraktur zu übersehen. Die Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule werden immer in zwei Ebenen angefertigt (von vorne und von der Seite).
Die meisten Wirbelsäulenfrakturen lassen sich auf den Röntgenbildern sicher diagnostizieren. Auch ist eine erste Einschätzung in stabile oder instabile Fraktur möglich. Wird dabei eine instabile Fraktur sicher ausgeschlossen, so ist eine weitere Diagnostik nicht mehr notwendig. Eine stabile Fraktur ist auf dem Bild als Keilwirbel mit eingebrochener Wirbelkörpervorderkante bei intakter Wirbelkörperhinterkante zu erkennen.
Dagegen sind instabile Frakturen nicht immer auf Anhieb im Röntgenbild zu erkennen. Bei Verdacht auf eine instabile Fraktur, bedarf es immer einer weiteren Abklärung.
Bei einem verdächtigen Befund im Röntgenbild erfolgt im Anschluss meist eine Computertomographie. Mit diesem Verfahren werden Röntgenschichtbilder des Wirbelkörpers angefertigt. Der Frakturausmaß eines Wirbelkörpers kann exakt bestimmt und die Schlüsselfrage nach der Beurteilung der Wirbelkörperhinterkante beantwortet werden. Die Fraktur gilt als instabil, wenn eine Beteiligung der Hinterkante vorliegt.
Bei der knöchernen Frakturbeurteilung bringt die MRT keine weiteren Informationen. Sie kann jedoch zur Beurteilung des Rückenmarks, der Weichteile, der Bandscheiben und Bänder nützliche Zusatzinformationen liefern. Weitere Untersuchungen, wie konventionelle Tomographien, Myelo-, Disco- und Szintigraphien sind nur bei besonderen Fragestellungen sinnvoll.
Da unterschiedliche Krankheiten ähnliche Symptome aufweisen können, sollte man differentialdiagnostisch vor allem an folgende Erkrankungen denken:
Die richtige Therapiewahl ist abhängig vom Schweregrad und der Stabilität des Bruchs, sowie den Begleitverletzungen und dem Allgemeinzustand des Patienten. Sie kann konservativ oder operativ erfolgen.
Stabile Wirbelkörperbrüche werden meist konservativ behandelt.
Verletzungen der Halswirbelsäule werden mit einer harten Halswirbelkrause ruhig gestellt. Dagegen reicht bei Wirbelkörperbrüchen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule, die Gabe eines Schmerzmittels aus. Eine operative Behandlung ist immer dann zu empfehlen, wenn eine große Instabilität vorliegt.
Geeignet für eine konservative Behandlung sind:
Zu einer konservativen Behandlung gehören:
Ziel des operativen Vorgehens ist eine Reposition und Stabilisierung des betroffenen Wirbelsäulensegmentes und damit die Wiederherstellung der normalen Form der Wirbelsäule. Auch das eventuell eingeengte Rückenmark, soll durch den chirurgischen Eingriff entlastet werden. Ein Wirbelbruch wird neben der Instabilität auch bei Rückenmarks- und Nervenschäden, offenen Verletzungen und starken Deformationen operiert. Methoden der ersten Wahl sind hier vor allem die Frakturreposition und die Wirbelkörperstabilisierung.
Bei Brust- und Lendenwirbelsäulenverletzungen erfolgt eine Wirbelkörperstabilisierung durch eine von rückwärts eingebrachte Fixateur interne (Knochenspanner). Demgegenüber steht die vordere Wirbelkörperstabilisierung durch eine versteifende Verplattung (Plattenosteosynthese mit Beckenkammspanunterposition) bei Halswirbelkörperfrakturen (Ausnahme Atlas und Axis). Diese Maßnahmen nehmen der frakturierten Wirbelkörper die Belastung und ermöglichen dadurch postoperativ eine Frühmobilisierung des Patienten. Zu den operativen Therapien gehören die Vertebroplastie (Osteoplastie) und die Kyphoplastie (minimalinvasiv).
In beiden Fällen erfolgt die Stabilisierung der Wirbelkörper mit einem speziellen Knochenzement, der in den Wirbelkörper eingespritzt wird. Durch die Zementauffüllung werden die Wirbelkörper von innen stabilisiert und die gebrochenen Wirbelanteile wieder miteinander verbunden. Im Unterschied zur Vertebroplastie wird bei der Kyphoplastie der Hohlraum zuvor mit einem Ballon aufgerichtet und vorgeformt, damit der Zement besser eingespritzt werden kann. Das Vefahren der Kyphoplastie wird in der Regel nur an Spezialzentren durchgeführt
Operativ versorgte Wirbelkörperbrüche müssen meist mit Dreipunkt-Stützkorsetts für einige Wochen nachbehandelt werden. Durch dieses Korsett kann schon sehr schnell eine Mobilisierung des Patienten erfolgen. Die früher verordnete wochen- oder monatelange Bettruhe im Korsett, ist aufgrund der besseren Operationstechniken nicht mehr erforderlich
Wirbelsäulenverletzungen beim Kind stellen eine Sonderform dar. Aufgrund der großen Elastizität von Knochen, Bänder und Bandscheiben kommen Wirbelverletzungen im Kindesalter eigentlich sehr selten vor. Kompressionsbrüche die weniger als 50 Prozent Höhenminderung aufweisen werden primär konservativ behandelt. Ziel ist vor allem eine möglichst frühe Aufhebung der Bettruhe. Bei Verformungen in beiden Ebenen wird ein Gipskorsett angelegt. Erst starke Formveränderungen der Wirbel erfordern einen chirurgischen Eingriff.
Trotzdem lässt sich auch mit modernster operativer Technik nicht immer eine Fehlstellung oder gelegentlich auch Instabilität im Verlauf der Jahre verhindern. Zudem können sich auch mit der Zeit Verengungen des Rückenmarkkanals und Überlastungserscheinungen an benachbarten Wirbelsäulenstrukturen einstellen. Diese müssen nicht aber unbedingt zu Schmerzen und Einschränkungen führen.
Wird eine bestehende Einengung des Rückenmarks frühzeitig operiert, so besteht eine gute Chance für eine Erholung. Nervenausfälle und inkomplette Querschnittslähmungen können sich sogar zum Teil zurückbilden. Dagegen haben komplette Querschnittslähmungen im Allgemeinen keine gute Prognose.
Bei Osteoporose bedingten Wirbelbrüchen besteht ein fünfmal höheres Risiko für einen weiteren Wirbelbruch. Zudem nimmt die Lungenfunktion um knapp zehn Prozent ab und das Risiko für weitere Folgeerkrankungen steigt an. Binnen eines Jahres versterben 20 Prozent der Betroffenen und weitere 20 Prozent werden pflegebedürftig. Dies macht besonders die Bedeutung einer adäquaten Osteoporosetherapie deutlich.
Ebenso darf man nicht vergessen, dass die Operation neben den allgemeinen Narkoserisiken auch zu einer Verschlechterung des neurologischen Befunds und bleibenden Schäden durch zusätzliche Verletzung des Rückenmarks führen kann. Zudem kann es auch zu einer Lockerung und damit zur Wanderung, der den Bruch stabilisierenden Schrauben oder Platten kommen.
Hilfreiche Tipps zur Vorbeugung eines Wirbelkörperbruchs und weitere hilfreiche Maßnahmen:
Zum Schluss noch einige wichtige Tipps zur Vorbeugung einer Osteoporose:
Letzte Aktualisierung am 17.06.2021.